Peter Stöger wird zusätzlich zu seinen Agenden als sportlicher Leiter nun auch die Kampfmannschaft trainieren.

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Warum in die Ferne schweifen? Sieh, der Gute ist so nah. Die Wiener Austria hat sich das alte Goethe-Wort, leicht abgewandelt, zu Herzen genommen. Peter Stöger, ohnehin schon General Manager Sport, wird auch Trainer, folgt also dem Steirer Christian Ilzer nach, der nach einer ziemlich verheerenden Saison augenscheinlich froh war, bei Sturm Graz unterschreiben zu dürfen.

Bei den Wienern soll es unter der Gesamtregie von Stöger, der nach englischem Vorbild auch sportlicher Leiter bleibt, wieder aufwärtsgehen. "Ich bin überzeugt davon, dass Peter Stöger als Trainer und sportlicher Leiter nach englischem Modell eine sehr gute, wichtige und richtungsweisende Wahl ist", ließ Austrias Vorstandsvorsitzender Markus Kraetschmer per Aussendung Euphorie ahnen.

Seine und Stögers Suche nach einem Nachfolger für Ilzer endete auch aus finanziellen Gründen bei Stöger selbst. "Wir mussten bei unserer Entscheidung die Suche nach einem strategischen Partner, die aktuelle budgetäre Situation, das unsichere Umfeld durch Covid-19 und die Vereinsstruktur berücksichtigen. Deswegen habe ich mich entschieden, in dieser schwierigen Phase, diese Position für ein Jahr zu übernehmen", ließ sich Stöger, der am Samstag kaum mehr vorgestellt werden musste, zitieren.

Der 65-fache Internationale nannte seine Wahl eine logische Entscheidung in einer schwierigen Phase. "Wir haben uns nach dem überraschenden Ausscheiden von Christian Ilzer und seinem Trainerteam in den letzten 14 Tagen intensiv den Kopf zerbrochen, haben viele lange und intensive Gespräche geführt und uns ist dann immer klarer geworden, wie komplex und schwierig die aktuelle Situation ist."

Die Assistenten des 54-Jährigen werden erst Anfang nächster Woche bestellt. Den bisherigen Trainerstab bestehend aus den Assistenten Uwe Hölzl und Dominik Deutschl sowie dem Athletikcoach Marco Angeler hat Ilzer nach Graz mitgenommen.

Präsident begeistert

Austrias Präsident Frank Hensel bezeichnete Stöger in der Aussendung des Klubs als Ideallösung. "Ich bin froh, dass Peter Stöger als international erfahrener Trainer diese Funktion übernimmt und stehe mit voller Überzeugung hinter dieser Entscheidung und denke, dass diese Lösung mit Peter Stöger als sportlichen Leiter und Trainer die beste für den gesamten Verein ist."

Die Anhängerschaft dürfte ähnlich denken. Stöger bekleidet das Amt zum dritten Mal, war aber schon als Spieler höchst geschätzt in Favoriten. Dem je dreimaligen Meister und Cupsieger wurde sogar ein späteres Engagement bei Rapid verziehen. Auch mit den Hütteldorfern war der torgefährliche Mittelfeldspieler Meister, zudem schmückte auch er 1996 das Finale im Cup der Cupsieger, das Rapid in Brüssel gegen Paris Saint-Germain mit 0:1 verlor.

In Stögers ersten beiden Amtszeiten als Trainer (in der ersten zusammen mit Frenkie Schinkels) feierte die Austria einen Cupsieg (2005) und einen Meistertitel (2013). Beim Titel 2006 war Stöger Sportdirektor. Besonders die 24. und bisher letzte Meisterschaft hievte ihn aber beim Klub in eine Art Legendenstatus. Als Nachfolger von Ivica Vastic führte Stöger die Veilchen, deren Tore vor allem Philipp Hosiner schoss, 2012/13 mit Punkterekord zum Titel. Einen Teil des Lohns, die Teilnahme an der Champions League, streifte er allerdings nicht mehr ein. Für angeblich 700.000 Euro und den Erlös eines Freundschaftsspiels wechselte der Wiener zum 1. FC Köln.

Der deutsche Bundesligist und sein neuer Trainer passten lange wie Topf und Deckel zusammen. Zusammen mit Assistent Manfred Schmid führte Stöger die Kölner aus der zweiten Bundesliga ins Oberhaus. Dem zweimaligen Klassenerhalt folgte 2017/18 Rang fünf und Kölns erste Teilnahme am Europacup nach 25 Jahren.

Dortmunder Intermezzo

Umso tiefer war der Fall in der Folgesaison. Stögers Ansehen am Rhein war so hoch, dass erst nach 14 Runden, in denen ganze drei Punkte gelangen, Schluss war. Eine Woche später übernahm der Wiener die nur auf Rang sieben liegenden Titelanwärter von Borussia Dortmund. Nach zehn Spielen ohne Niederlage en suite stockte der Lauf der Borussen, immerhin reichte es zu Rang vier und also zur Champions-League-Teilnahme.

Stöger, dessen Vertrag auslief, streifte eine stattliche Prämie ein. Nach einem Jahr Schaffenspause übernahm er das Amt des Sportvorstandes bei der Austria. Hauptbeschäftigung: bittere Enttäuschungen erklären. (Sigi Lützow, 31.7.2020)