Einem Medienbericht zufolge lagen der Bankenaufsicht bereits 2015 Informationen zu dubiosen Krediten mit einem Volumen von 50 Millionen Euro vor.

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Mattersburg – Die Mattersburger Commerzialbank, die nach einem Riesenbilanzskandal umgefallen und pleite gegangen ist, war einer der Sponsoren des Bundesliga- Fußballklubs SV Mattersburg – Exbankchef Martin Pucher war bekanntermaßen auch Präsident des Vereins – bis das Kartenhaus Bank vor rund zwei Wochen zusammengestürzt ist.

Wie DER STANDARD berichtet hat, wurden auch reale Sponsorverträge gefälscht – insofern, als sie entweder ganz erfunden wurde oder "aufgestockt". Dem Vernehmen nach könnte es dabei um mehrere Millionen Euro gehen. Aus den Unterlagen des SV Mattersburg erschließt sich, dass der Klub zuletzt ein Jahresbudget von 7,5 Millionen Euro zur Verfügung hatte. 1,4 Mio. Euro kamen aus Eintrittsgeldern, rund 1,7 Mio. aus Fernsehrechten, rund eine halbe Million aus Gastronomieeinnahmen – vier Millionen Euro aus Sponsoring. Eingeweihte gehen davon aus, dass ein großer Teil davon aus Mitteln der Commerzialbank generiert wurde.

Pucher hat die Verantwortung für die Malversationen übernommen, er habe sie veranlasst und eine Bankmanagerin habe sie ausgeführt. Sie bestätigt diese Darstellung vor den Ermittlern, für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Dubiose Kredite

Der Bankenaufsicht sollen bereits 2015 konkrete Hinweises auf dubiose Kredite vorgelegen sein. Einem Bericht des "profil" zufolge war die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) jedoch nicht in der Lage, den Sachverhalt bei einer Vor-Ort-Prüfung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln aufzuklären.

Laut dem Medienbericht wurden Finanzmarktaufsicht und Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Juni 2015 darüber informiert, dass die Commerzialbank Mattersburg Kredite im Volumen von insgesamt 50 Millionen Euro führte, die nur vom Martin Pucher und von zwei weiteren Kollegen betreut wurden. Die entsprechenden Kredite sollen sich von anderen unterschieden haben. Einerseits soll im System entweder Vor- oder Nachnahme der Kunden in Großbuchstaben geschrieben worden sein, andererseits sollen die Kreditnummern nicht wie üblich mit der jeweiligen Filialkennung begonnen haben, sondern mit der Kombination 58.

Jahresabschluss kurz vor Fertigstellung

Wie das "profil" außerdem berichtete, war der Jahresabschluss der Commerzialbank zum 31. Dezember 2019 kurz vor der Fertigstellung, bevor die Malversationen aufgedeckt wurden. Ausgewählte Bankkunden sollen von Pucher im Juni eine sogenannte vorläufige Fassung der 2019er Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung erhalten haben.

Puchers Anwalt Norbert Wess zerstreute unterdessen im "Kurier" (Samstagsausgabe) Gerüchte, dass der 64-jährige Ex-Bankchef aus gesundheitlichen Gründen vernehmungs- sowie im Fall einer Anklageerhebung auch verhandlungsunfähig sein könnte. "Herrn Pucher ist es jedenfalls ein Anliegen, dass sein – zugegebenermaßen: äußerst schlechter – Gesundheitszustand ihn in keiner Weise von seinen Verantwortlichkeiten exkulpiert, die er weiterhin vollinhaltlich übernimmt", wurde der Jurist zitiert. Ärztliche Gutachten in diesem Zusammenhang seien nicht geplant. (gra, APA, 1.8.2020)