Kündigte an, künftig auch wieder Gesetze ordentlich begutachten lassen zu wollen: Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).

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Dass diese Diskussion so groß wird, damit hat wohl selbst Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nicht mehr gerechnet. Vor einigen Wochen hagelte es von Juristen Kritik, als er meinte, dass die damaligen Corona-Maßnahmen keine Korrekturen brauchten, falls sie verfassungswidrig seien, weil sie ohnehin nicht auf Dauer gälten. Nach dem Motto: Vorbei ist vorbei.

Doch mit den Corona-Gesetzen hat die Regierung alle Hände voll zu tun. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) erklärte erst kürzlich mit der allgemeinen Ausgangssperre und der Ungleichbehandlung bei der Geschäftsöffnung zwei große Punkte der türkis-grünen Corona-Krisenpolitik für unzulässig.

Am Wochenende kündigte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) folglich im Profil an, nach den Aufhebungen des VfGH einmal eine Änderung des Covid-19-Gesetzes vollziehen zu wollen, also der Basis der Verordnungen. Diese Grundlage hätte nicht ausgereicht, um breite Ausgangsbeschränkungen zu verhängen, erklärt Edtstadler. Man müsse "handeln für den Fall, dass wir sie wieder brauchen". Dies sei nicht auszuschließen. Eine andere gesetzliche Grundlage soll geprüft werden, wenn es nach Edtstadler geht.

Debatte um Maskenpflicht

Nun dürfte mit der neuen Maskenpflicht aber schon das nächste Werk von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gesetzeswidrig sein. Das halten manche Verfassungsjuristen zumindest für möglich. Die Unterscheidung zwischen Lebensmittel- und anderen Geschäften sei laut dem früheren Verfassungsrichter Rudolf Müller "sachlich nicht gerechtfertigt", wie er im STANDARD sagte. Auch sein Kollege Heinz Mayer vermisst eine inhaltlich triftige Begründung für die Differenzierung. Dabei hat der VfGH in seinem Erkenntnis eingefordert, dass solche Ungleichbehandlungen transparent und nachvollziehbar begründet werden müssen. Das fehlt laut beiden Juristen bei der neuen Maskenpflicht.

Anschober sieht seine Verordnung aus medizinischen Gründen rechtlich gedeckt. Risikogruppen sollen in "systemrelevanten Bereichen" geschützt werden. Daher erfasse die Maskenpflicht neben Supermärkten auch Banken, Post-Filialen sowie Pflegeheime und Krankenanstalten zusätzlich zu den Apotheken.

Die Verfassungsministerin kündigte an, dass "unbedingt" wieder ordentliche Begutachtungen der Gesetze durchgeführt werden sollen. Zu Beginn der Corona-Krise habe aufgrund des Entscheidungsdrucks die Zeit dafür gefehlt. Dabei brauche es laut Edtstadler "mehr Planbarkeit, auch was juristische Dinge betrifft". Die Opposition ärgerte sich in der Vergangenheit sowohl über die Sammelgesetze der Regierung als auch über die Qualität der Novellen.

Nicht einig bei Rückerstattung

Noch keine einheitliche Position innerhalb der türkis-grünen Regierung gibt es in Bezug auf eine mögliche Rückzahlung von bezahlten Corona-Strafen, etwa wegen der Nichteinhaltung der Abstandsregel. Das Thema werde mit Experten debattiert, erklärte Edtstadler. Sie zeigt sich aber skeptisch, was eine Rückzahlung anlangt. Das könnte "ein Gefühl der Ungerechtigkeit erzeugen, wenn der Minderheit, die sich nicht an die Beschränkungen gehalten hat, die Strafen erlassen werden".

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sieht das etwas anders. Im APA-Interview kann er sich eine Rückerstattung von bereits bezahlten Corona-Strafen vorstellen. Die angekündigte bürgerfreundliche Lösung sei juristisch nicht so einfach. Aus seiner Sicht müssten aber jene, die die Strafe bereits gezahlt haben, mit jenen gleichgestellt werden, deren Verfahren abgebrochen wurden.

Die Verluste, die durch Corona bei der Sozialversicherung entstanden sind, sollen aus Sicht des Vizekanzlers "im Wesentlichen aus dem Bundesbudget" ersetzt werden, die Träger könnten für die "Einschläge" nichts. Darüber werde es Gespräche geben.

Die Mitte März aufgrund des Epidemiegesetzes geschlossenen Betriebe können auch langsam auf Entschädigungen hoffen. Eine entsprechende Verordnung sei laut Gesundheitsministerium am 22. Juli in Kraft getreten. (jan, 3.8.2020)