In die Verteilung der Familienarbeit soll sich der Staat nicht einmischen, sagt FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker.

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Rosa Ecker: "Wenn die Familien die Kinderbetreuung selbst stemmen, dann ist es monetär nichts wert."

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Vor allem viele junge Frauen würden ihre Kinder lieber zu Hause selber betreuen, sagt Rosa Ecker, Frauensprecherin der Freiheitlichen. Sie schlägt vor, Frauen, die keine Kinderbetreuung in Anspruch nehmen, einen zusätzlichen Pensionsbeitrag zukommen zu lassen. Beim Gewaltschutz müsste neben einem Ausbau von Einrichtungen auch die gesamte Gesellschaft genauer hinschauen.

STANDARD: Was müsste Ihrer Einschätzung nach gegen die hohe Corona-bedingte Arbeitslosigkeit unter Frauen passieren?

Ecker: Der wichtigste Treiber für die Wirtschaft wäre jetzt, den Konsum anzukurbeln. Trotz Corona muss man sich wieder trauen dürfen, das betrifft vor allem den Handel und die Gastronomie. Man darf nicht nur in Sorge sein, und dieses Gefühl müsste die schwarz-grüne Regierung an den Mann und an die Frau bringen. Und es müssten Investitionen in öffentliche Bauprojekte vorgezogen werden. Frauen sind auch wegen der fehlenden Bauprojekte arbeitslos. Man hat immer nur den Handel, den Sozialbereich und die Dienstleistungen im Blick. Aber Frauen sind auch in der Zulieferung für den Bau tätig, deshalb muss das kommunale Investitionspaket der Bundesregierung einmal greifen, aber diese Maßnahmen scheinen das nicht zu schaffen.

STANDARD: Als Maßnahme gegen die ungleiche Verteilung der unbezahlten Arbeit wird immer wieder Arbeitszeitverkürzung genannt. Was halten Sie davon?

Ecker: Das ist nicht mein Zugang. Wenn man nämlich vom durchschnittlichen Österreicher spricht, dann ist das kein Großverdiener. Wenn man diesen Menschen den Lohn reduziert – und man wird so etwas nur mit einem teilweisen Lohnausgleich schaffen können –, heißt das: weniger Familieneinkommen. Oder, wenn der Mann in Kurzarbeit ist und die Frau ihre 15 Stunden nicht mehr arbeiten kann, dann haben wir auch ein Problem mit den Familieneinkommen. Ich habe gerade bei mir in der Nähe eine Familie mit drei Kindern. Waschmaschine kaputt. Die Frau hat einen Bandscheibenvorfall und kann nicht mehr arbeiten, ihr Mann ist arbeitslos. Da ist Feuer am Dach, der Mann weiß nicht, wie er seine Familie erhalten soll. Arbeitslosigkeit, viele sind in Kurzarbeit und wissen nicht, ob sie nachher noch einen Arbeitsplatz haben – das sind die aktuellen Probleme, die diese Regierung eigentlich lösen sollte.

STANDARD: Frauen sind im Alter häufiger arm als Männer. Wo muss man da ansetzen?

Ecker: Man hat es die letzten Jahrzehnte nicht geschafft, die Lohnschere zu schließen und Care-Tätigkeiten aufzuwerten. Andererseits halten wir sehr viel von Wahlfreiheit, sofern es sich die Frauen leisten können. Eine Alleinerzieherin kann gar nicht nur Teilzeit arbeiten und ihre Kinder selbst betreuen. Wenn man öffentliche Kinderbetreuung in Anspruch nimmt, übernimmt die Kosten zu einem großen Teil die Gesellschaft. Wenn die Familien das selbst stemmen, dann ist es monetär nichts wert. Deshalb sollte man darüber nachdenken, dass Frauen, die in Teilzeit arbeiten, einen zusätzlichen Pensionsbeitrag bekommen, wenn sie keine Kinderbetreuung, keine Ganztagsschule oder Nachmittagsbetreuung in Anspruch nehmen. Das wäre eine Umverteilung, die Frauen zugutekommt. Wir haben auch gefordert, dass man das Pflegegeld auf der Stufe drei um 50 Prozent erhöht. Damit könnten Frauen auch ihre Pensionsbeiträge erhöhen oder Entlastung in Form von mobiler Hilfe in Anspruch nehmen und dafür mehr in ihrem Job arbeiten.

STANDARD: Wie können wir Männer stärker in die Familienarbeit einbinden? Durch neue Karenzmodelle, die die Aufteilung stärker vorgeben?

Ecker: Das ist ureigenste Familiensache, wie man das aufteilt, da soll sich der Staat nicht einmischen. Der Punkt ist, dass die Wahlfreiheit nicht zur Benachteiligung führen darf. Wenn ein Mann seine Arbeitszeit reduziert, dann hat er ja dieselbe Benachteiligung wie eine Frau. Wenn er nur zu 25 Prozent arbeitet, hat er genauso eine schlechte Pension wie Frauen. Wenn er sich für ein Kind entscheidet, hat er ja die gleichen Nachteile.

STANDARD: Männer reduzieren allerdings kaum ihre Arbeitszeiten, oft mit dem Argument, dass ihr Job mehr zum Familieneinkommen beiträgt.

Ecker: Natürlich richten sich die Eltern nach diesen gesellschaftlichen Realitäten. Wir haben ganz viele Familien, in denen der Vater etwa Fliesenleger ist, die Mutter Verkäuferin, die können es sich nicht einfach so aussuchen. Da kann der Mann nicht seine Arbeitszeit reduzieren und auch die Kinderbetreuung machen – das geht sich einfach nicht aus.

STANDARD: Aber wäre es nicht genau die Aufgabe von Frauenpolitik, genau jene gesellschaftlichen Realitäten zu ändern, die Frauen benachteiligen?

Ecker: Immerhin ist schon viel geschehen, vom Wahlrecht bis zum Recht, ohne Unterschrift des Mannes ein Konto eröffnen zu können und arbeiten zu gehen. Aber es ist noch viel zu tun. Trotzdem fällt auf, dass junge Frauen – wenn sie es sich leisten können – eine Zeitlang lieber bei ihren Kindern zu Hause bleiben. Sie wollen ihr Kind selbst betreuen, die ersten Schritte sehen, die ersten Wörter hören. Viele möchten da nichts verpassen und möchten dem Kind die Wurzeln geben, die es braucht.

STANDARD: Den Satz Ihrer Parteikollegin Brigitte Kashofer, den sie 2012 gesagt hat, dass Frauenhäuser Familien zerstören – den werden Sie als Frauensprecherin wohl noch immer hören, richtig?

Ecker: Dieser Satz verfolgt mich schon während meiner ganzen politischen Laufbahn. So etwas würden Sie von mir nie hören, dieser Satz ist ein Blödsinn. Ich bin in meinem Brotberuf Pflegemutter, war Krisenpflegemutter. Wir übernehmen auch Kinder von Müttern, die in einem Frauenhaus mit Kindern keinen Platz finden. Ich bin eine große Verfechterin der Mutter-Kind-Heime, damit man zumindest diese kleine Familienstruktur noch erhalten kann.

Die Frauenhauseinrichtungen sind wichtig, und es sind zu wenige. Gerade die jetzige Arbeitslosensituation wird Fälle von Gewalt auslösen können – das ist überhaupt keine Ausrede, aber es ist auch ein Nährboden dafür. Die Helpline-Auswertungen zeigen, dass Frauen sich oft nicht gleich an professionelle Hilfe wenden, sondern eher Hilfe bei Bekannten oder Freunden suchen, deshalb muss unsere Gesellschaft noch stärker hinschauen. Meine Tochter hatte einen Unfall mit unserem Hund, und sie erlitt eine aufgeplatzte Lippe – es sah so aus, als hätte ihr jemand frontal ins Gesicht geschlagen. Der Arzt hat dann ganz genau nachgefragt, wie dieser Unfall passiert ist. Diese Aufmerksamkeit und Sensibilität brauchen wir überall, in Krankenhäusern und bei der Polizei, damit Verletzungen aufgrund von Gewalt nicht "übersehen" werden.

STANDARD: Geflüchtete Frauen mit ungeklärtem Asylstatus können in Frauenhäusern meist nicht bleiben, weil die Bund zuständig ist. Andere können sich nicht scheiden lassen, weil sie dann ihren Aufenthaltsstatus verlieren. Die FPÖ fährt bei Fragen rund um Migration einen restriktiven Kurs. Was bedeutet das für diese Frauen?

Ecker: Jede Frau, die von Gewalt betroffen ist, braucht Schutz, Fürsorge und Hilfe. Da brauchen wir überhaupt nicht darüber diskutieren. Wo man riesengroße Mängel erkennt, ist bei Männern, die ein bestimmtes Frauenbild importieren. Da helfen auch Wertekurse oft nichts, da braucht es einen anderen Ansatz. Es gibt in Linz etwa sehr gute Männerberatungsstellen, die einen sehr guten Zugang haben. (Beate Hausbichler, 8.9.2020)