Volkswagen zelebriert die Fahrpräsentation des ID.3 konsequenterweise dort, wo einst alles begann: in Wolfsburg. Nach dem Krieg stand der Käfer für Wirtschaftswunder und Massenmobilität, nach der Corona-Krise soll der ID.3 ("ID" phonetisch für: Idee) die batterieelektrische Massenmobilisierung durch VW einläuten, und wie beim Käfer gilt: Motor hinten, Antrieb auch, folglich Heckantrieb; ferner: freundliches G’schau und kein Kühlergrill. Auch sprachlich vieles wie nach dem Krieg: Das Idiom der britischen Besatzungsmacht ist omnipräsent, sogar die Sprachsteuerung klappt ausschließlich mit "Hallo Aidie", auf "Hallo Idee" reagiert sie nicht, und damit zum Auto, wir berichten auf Deutsch.

Vier Farben gibt es beim ID.3 außen. Optisch unterscheiden sich die IDs deutlich von den restlichen VWs – es herrscht kühlergrillfreie Zone, wie weiland beim Käfer.
Foto: Volkswagen
Grafik: der Standard

Der ID.3 ist die Speerspitze einer gigantischen Elektrooffensive aller Konzernmarken, die auf dem MEB (Modularer E-Antriebs-Baukasten) basiert. Sofern die Kundschaft sich nicht der politisch und medial forcierten Massen-E-Mobilität verweigert, hat der Erstling einer ganzen ID-Familie das Zeug, in seiner Klasse das zu werden, was der Golf in der seinen war und ist – das Maß der Dinge. Kurzum, ein Volks-Wagen.

Nicht von ungefähr orientiert er sich an den Außenabmessungen des Golfs. Den 4,28 m Länge des Golf VIII stehen 4,26 m ID.3 gegenüber. Innen hingegen, das ist gleich der erste Eindruck, ist er ein ganz anderes Kaliber, da herrscht Platz wie in der Mittelklasse, bei zugleich höherer Sitzposition; logisch, unterm Flur ist die Batterie, genauer: sind die Batterien untergebracht. Drei Kapazitätsstufen stehen zur Wahl, 45 (kommt erst 2021), 58 und 77 kWh (ab Jahresende). "Skalierbar" heißt das Zauberwort, entsprechend bewegen sich die Preise in einer Skala von ca. 30.000 bis knapp 47.000 Euro (noch bevor man sich die staatlichen Förderungen abgeholt hat) und die WLTP-Reichweiten zwischen 330 und 549 km.

Bis 160 km/h schnell fährt der ID.3.
Foto: Volkswagen

Lange währt, lange fährt

Wie er sich fährt, der auch bei VW Langerwartete? Ende der Tempo-Fahnenstange sind in Deutschland le-, in Österreich illegale 160 km/h, das schont die Reichweite. Die erste Ausfahrt Hannover–Wolfsburg und Umgebung fand in der Version 150-kW-Motor und 58-kWh-Batterie – der VW die größte Verbreitung prognostiziert – statt.

Das Schaltmodul sitzt vor dem Lenkrad direkt am Hauptinstrumentemodul, einmal nach vorn bedeutet Fahrbetrieb und Segeln, ein weiteres Mal, dann ist eine Rekuperationsstufe hinterlegt. Eine. Fix. Allerdings sind bei Öko-, Komfort- und Sportmodus unterschiedliche Kennungen hinterlegt, sodass sich im Sportmodus beim Rekuperieren annäherndes Einpedalgefühl einstellt.

Im Interieur stehen fünf verschiedene Couleurs zur Wahl.
Foto: Volkswagen

Die Fahrwerksabstimmung differiert je nach Modus ebenfalls, nämlich zwischen kommod und etwas straffer, und ganz ehrlich? Der ID.3 ist mustergültig ausbalanciert, auch dank 50:50-Achslastverteilung und tiefem Schwerpunkt. Selbst in dem Punkt legt VW einiges für die Konkurrenz vor, und es zeigt sich das Potenzial, das im MEB steckt.

Besonders viel Aufwand wurde in die Innenakustik gesteckt, mit dem Effekt, dass es viel ruhiger als in den allermeisten anderen E-Mobilen zugeht; das sonst eher nervige U-Bahn-Surren beim Beschleunigen oder Verzögern ist hier kein Thema, gut so.

Und was kann man wie kombinieren? 45-kWh-Batterie mit 93- und 110-kW-Motor, 58 kW mit 107 und 150 kW, 77 kWh nur mit 150 kW. (Andreas Stockinger, 4.8.2020)