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Sitzen auf den größten Atomwaffenarsenalen: Russlands Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Donald J. Trump.

Foto: AP / Fabian Sommer

Ende Juli reihte sich der Sudan als 82. Staat in die Liste jener Länder ein, die Nuklearwaffen nicht nur verbannen, sondern verbieten wollen – und zwar für alle! 40 nationale Parlamente haben den Atomwaffenverbotsvertrag bereits ratifiziert, zehn weitere sind für ein Inkrafttreten des Vertrags nötig. Rund um die 75. Jahrestage der Atombombenabwürfe auf Hiroshima (6. August) und Nagasaki (9. August) wird mit weiteren Ratifikationen gerechnet.

Die Zahl nuklearer Sprengköpfe reicht auch Jahrzehnte nach dem Versprechen über Verhandlungen zu einer vollständigen Abrüstung einzutreten, mehrfach aus, um die Menschheit komplett auszulöschen.
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Der Vertrag selbst bleibt freilich zahnlos, solange nur Nichtnuklearwaffenstaaten beitreten. Sehr wohl aber kann er den Druck auf die Nuklearwaffenstaaten erhöhen, sich einem der zerstörerischsten Mittel des Massenmordes zu entledigen. Das wäre überfällig, verpflichteten sich doch die offiziellen Atommächte USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich im Nichtweiterverbreitungsvertrag von 1970 zu Gesprächen zur völligen Abrüstung. Das Argument der Vertragsbrüchigkeit lässt sich angesichts der Modernisierung der Arsenale weltweit aber nicht vom Tisch wischen.

Die hunderttausenden Todesopfer, die die zwei kriegerischen Einsätze sowie die mehr als 2000 Nuklearwaffentests forderten, müssten eigentlich Grund genug sein, ein Verbot – wie es etwa für biologische und chemische Waffen gilt – umzusetzen. Dennoch erfreuen sich Atombomben großer Beliebtheit. Jene, die den Besitz von Atomwaffen als Friedensaktie propagieren, vergessen dabei aber oft, wie haarscharf die Menschheit seit 1945 schon an weiteren furchtbaren Katastrophen vorbeischrammte.

Verlorene Atombomben

So wurde einerseits der Atomwaffeneinsatz öfter in Betracht gezogen, als viele glauben. Der US-Kongressabgeordnete Al Gore Senior (Vater des späteren US-Vizepräsidenten) sah etwa den Koreakrieg 1950–1953 schon früh als "Fleischwolf amerikanischer Männlichkeit" und schlug bereits wenige Monate nach Kriegsausbruch vor, den Konflikt durch ein "katastrophisches" Ereignis zu beenden: Mehrere Atombomben sollten einen verstrahlten "Gürtel" produzieren, der die Insel auf Jahrzehnte in zwei Teile teile.

Die offizielle Zahl der Broken Arrows der USA liegt bei 32. Viel eher ist sie ein Vielfaches davon.
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Und auch die Liste sogenannter "Broken Arrows" ist erschreckend lang. Allein die USA geben öffentlich 32 solch schwerer Unfälle zu. Die wahre Zahl an Bränden, Fehlzündungen oder Abstürzen atomar bestückter Flieger dürfte weit größer sein. Ein fallengelassener Schraubenzieher reichte einmal bei einer Kontrolle aus, um eine konventionelle Explosion auszulösen. Die thermonukleare Reaktion gab es bloß deshalb nicht, weil das radioaktive Material zu dem Zeitpunkt getrennt gelagert wurde. Dutzende Menschen starben bei vergleichbaren Unfällen.

Andere Male spielte der Zufall Regie und sorgte dafür, dass die kritische Schwelle für eine Kernreaktion nicht erreicht wurde. Dennoch trat oft radioaktives Material aus, das Menschen tötete oder schwer erkranken ließ und die Umwelt nachhaltig zerstörte.

ICBM-Raketen wie diese hier können Atombomben zu ihrem Bestimmungsort transportieren. Den USA fehlen nach wie vor sechs atomare Sprengköpfe. Ein Finderlohn ist nicht bekannt.
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Mindestens sechs US-Atombomben gelten zudem als verloren, ganz zu schweigen von den Fehlalarmen feindlicher Atomwaffenstarts, die nur durch menschliche Einschätzung als solche entlarvt wurden. (Fabian Sommavilla, 4.8.2020)