Igor Levit begeistert Salzburg mit einem Beethoven-Zyklus.

Jens Meyer

Der Pianist Igor Levit setzt in Salzburg neue Maßstäbe. Das steht schon nach dem ersten Abend des achtteilig konzipierten Beethoven-Zyklus im Haus für Mozart fest. Levit eröffnete den Jahrhundertzyklus mit Beethovens tatsächlich erstem Beitrag zur Gattung, der Sonate für Klavier Nr. 1 f-Moll op. 2/1.

Schon mit dem "Erstling" demonstrierte Levit, dass Beethoven auf einem Höhenrücken begonnen hat, dem spätere Sonaten Gipfel um Gipfel hinzufügten, von denen die legendären wie op. 111 die Achttausendermarke weit überschreiten. In der Interpretation eines Igor Levit war Sauerstoff schon bei der Nummer eins durchaus erforderlich.

Das ätherische, von irgendwo weither herüberwehende Adagio ließ ebenso den Atem anhalten wie das selbstbewusste, weite Räume und Länder in Besitz nehmende Prestissimo.

Material fürs Herz

Was für ein betörender Kontrast zur ganz und gar "schubertisch" daherkommenden Sonate Nr. 12 As-Dur op. 26, in der Levit von den facettenreichen Variationen des Andante bis hinab in den Abyssus des Trauermarschs für einen Helden eine einzige stringente Linie zog.

Ein kleines Atemholen erlaubte die Sonate Nr. 25 G-Dur op. 79, von Beethoven Sonatine genannt, der Levit eine heitere und zugleich stupend virtuose Lesart schenkte.

Mit der Waldstein-Sonate Nr. 21 C-Dur op. 53 setzt Beethovens Sonatenschaffen auch formal einen Markstein. Levit gestaltet das weit ausgreifende "romantisch" durch Wald und Flur irrlichternde Allegro con brio mit seinen Lieblichkeiten und Abgründen zu einem geschlossenen Ganzen und stellt es dem monumentalen Rondo gegenüber. Material jedenfalls geeignet, ins Herz zu zielen.

Gipfelstürmen mit Igor Levit: Der Pianist überzeugte bei den Salzburger Festspielen vollends. (Heidemarie Klabacher, 3.8.2020)