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Wer Michael Ballweg sprechen will, als Journalist, der hat ein paar Hürden vor sich. Der Organisator der Anti-Covid-Maßnahmen-Demo vom Samstag in Berlin firmiert als Initiator der Stuttgarter Gruppe Querdenken 711. Über deren Internetpräsenz gelangt man zur Belehrung "Wir geben keine Interviews ohne Anfrage". Dann wird verlangt, eine Art Verpflichtungserklärung abzugeben, die ein bisschen klingt, als sei sie aus einem Schülerlexikon abgeschrieben und als wolle Ballweg sich aussuchen, wer über ihn schreiben oder senden darf.

Journalistische Verantwortung kommt vor und die "Meinungsbildung der Bürger". Hat man Pech, ist in diversen Zeitungen nachzulesen, meldet sich Ballweg aber selbst dann nicht, wenn der Journalist alles brav ausfüllt und absendet.

Politische Pläne

Seit dem Frühjahr ist der Stuttgarter IT-Unternehmer Ballweg einer der führenden Kritiker der Beschränkungen, die das Coronavirus hindern sollen, Deutschland in den Griff zu bekommen. Anders als andere – die wie er glauben, in Sachen Sars-CoV-2 von der Bundesregierung belogen zu werden, damit sie Deutschland in eine "Diktatur" verwandeln könne – hat Ballweg nach eigenen Angaben keine politische Vergangenheit. Aber eine politische Zukunft visiert er an: Im November will er Oberbürgermeister von Stuttgart werden.

Michael Ballweg ist ein Stuttgarter IT-Unternehmer.
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Bisher ist der 45 Jahre alte Betriebswirt Inhaber einer "Softwareschmiede". Als Initiator von Querdenken 711 will er für Deutschland eine vorgezogene Wahl im Oktober 2020 statt im September 2021. Dafür kooperiert er, unter anderem, mit dem Berliner Anselm Lenz, der behauptet, ein "Notstandsregime" kontrolliere Deutschland mit dem Ziel, einen "Kapitalismuscrash" zu verdecken. Lenz hat den Verein Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand gegründet, dessen Vereinszeitung Ballweg auf seiner Homepage veröffentlicht. In der Ausgabe vom 18. Juli nennt er, von Lenz interviewt, als "politisches Ziel" der Berliner Demo: "Die Bevölkerung entscheidet sich, die Pandemie zu beenden." Wie das gehen soll, verrät er nicht.

Kontakt zu Ken Jebsen

Auf seinem Twitter-Account scheut Ballweg auch öffentliche Beziehungen zum Berliner Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen nicht. Der verglich auf seinem Youtube-Kanal "Ken FM" unter anderem die Corona-Maßnahmen der deutschen Regierung mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten.

Wie Lenz und sein "Demokratischer Widerstand" ist auch Ballweg ausgewiesener Kritiker der etablierten Medien. Lenz' Vereinszeitung gleichen Namens zürnte am Montag via Internet über "die lügnerische Berichterstattung der gleichgeschalteten System- und Konzernpresse" und beharrt darauf, dass in Berlin "mindestens 1,3 Millionen" demonstriert hätten; die Polizei zählte 20.000 Teilnehmer.

Ballweg hatte zuvor angekündigt, ihm gehe es in Berlin auch um "die Abschaltung der Staatspropaganda in ARD und ZDF". Auf von ihm organisierten Demos sind immer wieder Journalisten bedroht worden, zuletzt am Samstag Dunja Hayali. (Cornelie Barthelme aus Berlin, 3.8.2020)