Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und seine Corona-Verordnungen stehen in der Kritik.

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Die Zustimmungswerte für Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) könnten derzeit nicht besser sein. Dennoch hatte der Oberösterreicher schon einmal leichtere Zeiten in dieser noch jungen Regierung. Zuerst hob der Verfassungsgerichtshof zwei zentrale Verordnungen der Corona-Krisen-Politik auf. Nun könnte auch die neue Maskenpflicht rechtswidrig sein. Für all das ist Anschober zuständig, und es drängt sich immer mehr die Frage auf, wie es zu einer solchen Fehlerhäufung kommen konnte.

Anschober kündigte kürzlich an, sein Ressort umbauen und die Rechtsabteilung im Zuge dessen um bis zu sechs Stellen aufstocken zu wollen. Seiner Vorgängerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) wird unterdessen angelastet, das juristische Personal ausgedünnt zu haben.

Roter Vorgänger spitzzüngig

Aus deren ehemaligem Umfeld stößt dieser Vorwurf auf Widerspruch: Korrekt sei bloß, dass während ihrer Amtszeit zwei wichtige Sektionschefs in Pension gegangen seien, aber dafür könne Hartinger-Klein nichts. Einen Abbau von Juristen habe sie nicht orchestriert. Vielmehr sei ganz generell die Einsparung von Stellen in Ministerien nach der Rasenmähermethode ein Malus, mit dem alle Ressortchefs der letzten Jahre zu kämpfen hätten, egal von welcher Partei. Doch wie schlecht ist es um die Rechtsabteilung in Anschobers Ressort nun wirklich bestellt?

Aus Sicht des Ex-Gesundheitsministers und heutigen SPÖ-Abgeordneten Alois Stöger dürften Anschober solche juristischen Patzer einfach nicht passieren. "Da brauche ich nicht die größte Expertise, das muss man als Volksschullehrer auch hinbekommen", sagt Stöger spitzzüngig. Die Ursache der Misere liegt aus seiner Sicht nicht bei der juristischen Abteilung. Ein Problem sei zwar, dass der ehemalige Leiter der für die Legistik wichtigen Sektion Öffentliche Gesundheit, Gerhard Aigner, 2019 in Pension ging und seit Hartinger-Klein nicht nachbesetzt wurde. Aber Anschober habe mit Meinhild Hausreither und Sylvia Füszl beispielsweise zwei ausgesprochen gute Juristinnen an seiner Seite. Beide kennt der rote Gewerkschafter noch aus seiner Ministerzeit. Hinterfragenswert sei eher, wie das Kabinett mit dieser Expertise umgehe. Stöger vermutet, dass die Fehler mit dem Kabinett zu tun haben, das mit Absicht alles kompliziert gestalte, "um mehr tun zu können, als die Verfassung und das Recht zulassen". Und am Ende unterschreibe Anschober, sagt Stöger.

Anspannung bei Beamten

Von anderer Seite hört man, dass im Ministerium große Unruhe herrsche, Beamte würden um ihre Verlängerungen fürchten. Die Stimmung sei angespannt und die Beamtenschaft untereinander zerrüttet, erzählt jemand, der im Gesundheitswesen bestens verankert ist. Die Bewerbung für einen Sektionsposten sorge am Telefon derzeit mehr für Diskussionen als gesundheitspolitische Projekte. Dass Anschober öffentlichkeitswirksam einen größeren Umbau seines Ressorts ankündigte, dürfte der allgemeinen Stimmung nicht zuträglich gewesen sein.

Hinter vorgehaltener Hand wird auch der Vorwurf geäußert, der Minister kümmere sich schlicht zu wenig um sein Haus. Für Kritik sorgt etwa, dass der Oberste Sanitätsrat nicht installiert worden sei, obwohl dieses wissenschaftliche Gremium gerade in Krisenzeiten dem Minister mit gutem Rat hätte zur Seite stehen können. Anschober habe es zu Beginn seiner Amtszeit verabsäumt, sich mit einer Neubestellung des Sanitätsrats auseinanderzusetzen, und das hänge dem Ressort in der Pandemie nach. Dem kann man freilich entgegenhalten, dass in Form der Corona-Taskforce zahlreiche renommierte Mediziner schon seit vielen Monaten zu engen wissenschaftlichen Beratern des Ministers zählen.

Eines steht außer Streit: Der populärste grüne Minister wird auf den nächsten Etappen des von ihm beschworenen Corona-Marathons die besten Köpfe in seinem Team brauchen – sowohl Virologen als auch Juristen und Verfassungsexperten. (Theo Anders, Jan Michael Marchart, 3.8.2020)