Ein Blitz fährt auf Panama City hernieder. Nicht allzuweit von dort entfernt haben Forscher die Auswirkungen von Blitzen auf den Regenwald untersucht.
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Dürreperioden, Waldbrände, Wirbelstürme: All das sind bekannte und vielfach beforschte Faktoren, die großen Einfluss auf das Gedeihen tropischer Regenwälder nehmen können. Dazu komme aber noch ein weiterer, ebenso wichtiger, der bislang übersehen wurde, berichtet das Smithsonian Tropical Research Institute. Und gemeint ist diesmal nicht der Mensch (der spielt in dieser Umweltstudie ausnahmsweise keine Rolle), sondern der Blitz. Beziehungsweise die atemberaubend hohe Zahl von Blitzen, die alljährlich in den Tropen einschlägt.

Über 100 Millionen Blitzeinschläge sind es laut dem Forscherteam pro Jahr – an Land, wohlgemerkt. Blitze über tropischen Meeresregionen wurden nicht mit eingerechnet. Die Zahlen beruhen auf Daten des Earth Networks Global Lightning Network (ENGLN) und wurden zur Ausgangsbasis für eine neue Studie, die im Fachjournal "Global Change Biology" erschienen ist.

Dieser Baum auf Barro Colorado Island in Panama hat seine Nachbarn überragt und dafür mit einem Blitzeinschlag bezahlt. Rings um ihn sind danach auch einige kleinere Bäume abgestorben.
Foto: Evan Gora

Begonnen hatte alles damit, dass sich der Ökologe Steve Yanoviak von der University of Louisville – eigentlich mit der Erforschung von Ameisen im Regenwald beschäftigt – zu fragen begann, welche Rolle Blitze für die Bäume spielen, auf die er auf der Suche nach den Ameisen klettern musste. Gemeinsam mit Kollegen von der University of Alabama richtete er in Panama ein Messgelände ein, das den von Blitzeinschlägen verursachten Flurschaden feststellen sollte.

Im Schnitt schädige ein Einschlag 23,6 Bäume, berichtet der Forscher. Und mindestens fünf davon sterben innerhalb eines Jahres ab. Hochgerechnet auf ganz Panama kamen die Forscher zum Schluss, dass Blitzeinschläge etwa die Hälfte der höchsten Bäume im Land auf dem Gewissen haben.

Das große Bild

In Zusammenarbeit mit Smithsonian-Forscher Evan Gora ging Yanoviak nun einen Schritt weiter und versuchte hochzurechnen, wie sich Blitze auf die tropischen Ökosysteme insgesamt auswirken. Die Forscher schätzen, dass Blitzeinschläge in den tropischen Wäldern jedes Jahr 832 Millionen Bäume schädigen und dass etwa ein Viertel davon anschließend abstirbt. Und diese Schätzung ist laut den Forschern noch sehr vorsichtig.

Mit anderen Worten: Der bislang völlig vernachlässigte Faktor Gewitter sei ökologisch sehr wohl relevant. Blitzeinschläge hätten einen beträchtlichen Einfluss auf Struktur und Dynamik tropischer Wälder, auf die Umschichtung der dortigen Biomasse und den Kohlenstoffzyklus. Viele Details – etwa die Frage, warum manche Bäume einen Einschlag überleben und andere nicht – seien aber noch zu klären. (red, 8. 8. 2020)