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In Portland, Oregon ging die Bundespolizei in einem umstrittenen Einsatz gegen Demonstranten vor.

Foto: AP / Noah Berger

Washington – Amnesty International wirft der US-Polizei schwere Menschenrechtsverletzungen bei den Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt vor. Die Sicherheitskräfte seien Ende Mai, Anfang Juni in zahlreichen Fällen mit Schlagstöcken, Geschoßen, Tränengas und Pfefferspray gegen zumeist friedliche Demonstranten vorgegangen, heißt es in einem Bericht der Menschenrechtsorganisation.

In Summe listet Amnesty International 125 voneinander unabhängige Fälle "unverhältnismäßiger und oft exzessiver Gewalt" in 40 Staaten sowie der Hauptstadt Washington auf. Die jüngsten Ereignisse hätten Bedenken hinsichtlich "des Rechts auf Leben, der Sicherheit von Personen, dem gleichen Schutz vor dem Gesetz" sowie der freien Meinungsäußerung und der friedlichen Versammlung geweckt, heißt es in dem am Dienstag vorgelegte Bericht.

Härteres Vorgehen gegen gewalttätige Polizisten gefordert

In den zehn Tagen nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch einen brutalen Polizeieinsatz am 25. Mai seien mindestens sechs Fälle dokumentiert, in denen Polizisten Schlagstöcke gegen Demonstranten eingesetzt hätten, und 13 Fälle von nicht notwendigem Einsatz von Schaumstoff- oder Gummigeschoßen. In 89 Fällen hätten Polizisten zudem unnötigerweise Tränengas eingesetzt und in 21 Fällen Pfefferspray. Dies sei in der Coronakrise besonders zu verurteilen, weil die Demonstranten ihre Schutzmasken abnehmen müssten, um sich die Reizstoffe aus dem Gesicht zu spülen, erklärte die Menschenrechtsorganisation.

"Der unnötige und manchmal exzessive Einsatz von Gewalt durch die Polizei gegen Demonstrant*innen verdeutlicht genau den systemischen Rassismus und die Straflosigkeit, wegen der die Menschen auf die Straßen gegangen sind", sagte Ernest Coverson, Leiter der Kampagne für das Ende von Waffengewalt bei Amnesty International USA, in einer Aussendung. Die Organisation fordert ein härteres Vorgehen gegen gewalttätige Polizisten, auch hochrangige Beamte. Alle müssten in Straf- oder Disziplinarverfahren zur Rechenschaft gezogen werden.

Amnesty zufolge werden pro Jahr in den USA mehr als 1.000 Menschen von der Polizei getötet. Da die Regierung keine Daten dazu erhebe, sei die genaue Zahl unbekannt. Aus Statistiken geht hervor, dass unverhältnismäßig viele Afroamerikaner unter den Todesopfern sind.

Bodycam-Video von Floyd Tötung veröffentlicht

Amnesty International wirft der Polizei auch Gewalt gegen Rettungskräfte, Journalisten und Rechtsbeobachter vor. Auch sie seien Opfer von Schlägen, Tränengas und dem "wahllosen" Abfeuern zum Beispiel von Gummigeschoßen geworden. US-Präsident Trump hat wiederholt ein hartes Vorgehen gegen potenziell gewaltbereite Demonstranten gefordert und damit nach Einschätzung von Kritikern zur Verschärfung der Lage beigetragen.

Ausgelöst hatte die USA- weiten aber auch internationalen Proteste der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einer Festnahme in Minneapolis (Minnesota). Floyd starb, als ihn Polizisten auf der Straße brutal am Boden hielten. Ein weißer Beamter drückte ihm sein Knie rund acht Minuten lang in den Hals. Auch in Wien gingen bei einer Demonstration 50.000 Menschen auf die Straße.

Die "Daily Mail" veröffentlichte am Montag ein Video, das den kompletten Polizeieinsatz gegen Floyd zeigt. Gefilmt mit einer Bodycam, einer Kamera, die die Polizisten während des Einsatzes am Körper trugen. Das Video erschien bereits Mitte Juli, durfte auf Beschluss eines Richters bisher jedoch nur im Gericht angeschaut werden. (APA, red, 4.8.2020)