Die einzige Supermacht der Welt wird von einem Corona-Leugner geführt. Donald Trump hat das Virus zunächst bagatellisiert, dann versucht zu ignorieren und, als das nicht mehr ging, die Fantasie aufgetischt, dass die USA die weltbeste Anti-Corona-Strategie hätten.

Brasilien, einer der größten und bevölkerungsreichsten Staaten der Erde, wird von Jair Bolsonaro, einem Corona-Leugner, geführt. Ein größenmäßig eher mittlerer, aber strategisch bedeutender Staat wie Weißrussland wird von einem Corona-Leugner, Alexander Lukaschenko, beherrscht.

Donald Trump hat das Coronavirus zunächst bagatellisiert, dann versucht zu ignorieren.
Foto: EPA/Doug Mills

Trump, Bolsonaro und Lukaschenko sind vom politischen und psychologischen Typus her autoritäre Populisten. Das ist kein Zufall. Populistische Politiker, die mit Lügen, Verhetzung und der Schaffung von Sündenböcken, also mit Pseudoproblemen, an die Macht gekommen sind, wissen tief drinnen, dass ihnen für die Bewältigung echter Krisen die Kompetenz fehlt. Um sich an der Macht zu halten, brauchen sie immer einen (Außen-)Feind. "Rechtspopulisten haben stets dieselbe Erzählung: jene von einer gespaltenen Welt, in der zwei Gruppen gegeneinander kämpfen", schreibt der Kulturökonom und Kommunikationstrainer Walter Ötsch in "Populismus für Anfänger". Der Politologe Jan-Werner Müller wiederum verweist in "Was ist Populismus?" darauf, dass Populisten immer behaupten, "das wahre Volk" zu vertreten. Was automatisch bedeutet, dass "die anderen" nicht dazugehören.

Kooperation statt Konfrontation

Aber das Coronavirus ist ein nicht zu fassender Außenfeind. Es ist kein Immigrant, kein verdächtiger Muslim, kein übler "Sozialschmarotzer", auch kein Mitglied einer abgehobenen Elite. Man kann gegen das Virus nicht demagogisch mobilisieren. Man kann es auch nicht einsperren oder von der Polizei verprügeln lassen. Man könnte es nur mit vernünftigen Maßnahmen bekämpfen – und dazu sind autoritäre Populisten nicht in der Lage. Denn das würde Kooperation statt Konfrontation, Überlegung statt wüste Polemik, überprüfbares Handeln statt Propaganda bedeuten.

Aber auch ihre Anhänger – etwa der typische Trump-Wähler, ein älterer Weißer mit realen oder eingebildeten Abstiegsängsten – müssen aus ihrer Persönlichkeitsstruktur das Virus ebenfalls leugnen. An ihrer misslichen Lage, ihrer politischen Unzufriedenheit müssen irgendwelche "andere" schuld sein. Da passt eine Pandemie, die man nur mit (internationaler) Kooperation und der verachteten Wissenschaft bekämpfen kann, nicht hinein. Auch die Tausenden, die vergangenen Sonntag gegen die Corona-Maßnahmen wie Maskentragen marschierten, und die Zehntausenden, die sich im Internet artikulieren, können im Virus nichts anderes sehen als einen Vorwand der "herrschenden Eliten", das "wahre Volk" abzulenken und zu unterwerfen. Daher darf es Corona nicht geben (oder es muss eher harmlos sein).

Eines Tages ist Leugnen nicht mehr möglich. Dann brechen sich der Frust und die Wut ihre Bahn, bei den Populisten oben und denen unten. Dann wird es gefährlich.

Anhänger des autoritären Populismus glauben nicht an mühsame demokratische Prozeduren. Wenn das Virus selbst nicht zu bekämpfen ist, dann muss man einen Außenfeind finden, der am Virus schuld ist. (Hans Rauscher, 4.8.2020)