Denkt darüber nach, wie er Kunden einen Mehrwert bieten kann: Panerai-CEO Jean-Marc Pontroué.

Foto: Panerai

Das Gehäuse der Luminor Blu Mare (44 Millimeter), gefertigt aus AISI 316L-Stahl, einem besonders korrosionsbeständigen kohlenstoffarmen Metall, greift mit seinen klaren, kantigen Linien das charakteristische Design der Luminor-Modelle der 1990er-Jahre auf. Sie zählt zur jüngsten Luminor-Generation mit Handaufzug.

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Zum 70-jährigen Jubiläum von Luminor, einer tritiumbasierten fluoreszierenden Substanz aus dem Jahr 1950, die charakteristisch für die Ästhetik und Funktion der Marke wurde, brachte Panerai die Luminor Marina Fibratech (44 Millimeter) auf den Markt. Kennzeichnend für die neue Luminor Marina Fibratech ist die Hervorhebung ihrer charakteristischen Elemente wie der Kronenschutzbrücke, der Aufzugskrone und des Arretierhebels durch den Einsatz von Super-Luminova "X1", das eine noch stärkere und längere Leuchtkraft aufweist. Die für die Herstellung von Fibratech verwendeten Mineralfasern werden aus geschmolzenem Basaltgestein und mineralischen Zusatzstoffen gewonnen. 70 Jahre Garantie gibt es obendrauf.

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Luminor Marina Panerai Goldtech: Das Rotgold dieser 44-Millimeter-Uhr zeichnet sich durch einen hohen Kupferanteil (24 Prozent) in Kombination mit Platin (0,4 Prozent) aus. Beide Materialien tragen zum intensiven Farbton sowie seiner extrem hohen mechanischen Festigkeit und Oxidationsbeständigkeit bei.

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Seit April 2018 leitet der gebürtige Franzose Jean-Marc Pontroué die Geschicke von Panerai. Er ist erst der zweite Chef der Luxusuhrenschmiede, die sich durch unverkennbares italienisches Design und Schweizer Innenleben auszeichnet. Seit damals macht er sich daran, die Marke zu verjüngen, um neue Kunden zu gewinnen. Und dabei nicht die Paneristi, eine Gruppe von Hardcore-Fans, zu vergraulen. Eine Gratwanderung, wie er erzählt. All das wurde aber von der Corona-Krise überschattet, die nicht zuletzt auch die Uhrenbranche hart getroffen hat.

STANDARD: Wie haben Sie die Krise bisher persönlich erlebt?

Jean-Marc Pontroué: Ich bin es seit rund 30 Jahren gewohnt, viel unterwegs zu sein, jede Woche in einem anderen Land. Wir waren uns schon im Februar über die Situation in China bewusst, aber wir hätten nie gedacht, dass das Virus das Land verlassen würde. Es kam anders, wie wir wissen, und es wurde zu einer globalen Bedrohung, was uns wirklich überrascht hat. Üblicherweise planen wir langfristig, angesichts der Pandemie geht das nun nicht mehr. Jetzt versuchen wir, so gut es geht, das Geschäft am Laufen zu halten, ohne zu wissen, was in den nächsten 48 Stunden passieren wird. Unsicherheit ist der größte Feind eines jeden Managers. Wir wissen nicht, wann der Impfstoff kommen wird, wie lange es dauert, bis alle geimpft sind, bis man wieder ohne Restriktionen reisen kann. Wir sind zwar Optimisten, aber niemand kann seriös sagen, wann wieder alles in normalen Bahnen laufen wird.

STANDARD: Die Swatch-Group hat ebenso wie Richemont vor kurzem sehr schlechte Zahlen vorgelegt. Wann, meinen Sie, wird sich die Lage in der Luxusuhrenbranche wieder normalisieren?

Pontroué: Covid-19 hat große Auswirkungen auf die gesamte Luxusbranche, einschließlich des Uhrensegments. Panerai musste vorrangig seine Mitarbeiter schützen und für eine ernsthafte Geschäftskontinuität sorgen. Unsere Manufaktur in Neuchatel, unser Designzentrum in Mailand und unser Hauptsitz in Genf haben neue Ansätze verfolgt, um unser Geschäft mit den 400 Handelspartnern und den 150 Mono-Brand-Boutiquen auf der ganzen Welt zu managen. Unsere Abteilung "Supply Chain" hat ihre Prioritäten überarbeitet, indem sie auf der einen Seite den Märkten wie China, die nach dem Ende der Krise in ihrem Land ein massives Wachstum verzeichneten, zusätzliche Mengen zugewiesen hat. Auf der anderen Seite haben wir alle Lieferungen für Standorte mit Fokus auf Tourismus sowie für alle Länder, die unter der vollständigen Schließung gelitten haben, beschränkt.

STANDARD: Wie wird sich die Krise langfristig auf die Luxusgüterindustrie auswirken?

Pontroué: Die Lust auf Luxus wird es immer geben, solange es etwas zu feiern gibt – Verlobungen, Hochzeiten, Geburtstage … All das findet lokal statt und kann den Verlust, den wir durch den Zusammenbruch der internationalen Reisetätigkeit erleben, zum Teil ausgleichen. Ich glaube, dass wir sogar noch stärker werden durch die Krise.

STANDARD: Welchen Weg verfolgen Sie bei Panerai?

Pontroué: Für mich steht immer die Frage im Mittelpunkt, wie ich einen Kunden, der schon etliche Uhren besitzt, dazu bringen kann, noch eine zu kaufen. Hier kommt für mich der Mehrwert ins Spiel. Ich will den Kunden näher an die Marke heranführen, indem ich ihm zeige, was hinter Panerai steckt. Ich lasse ihn an der Marke, deren einzigartiger Geschichte teilhaben. Hinzu kommt, dass es eine Menge Storys zu erzählen gibt – über ihren Ursprung in Florenz, über ihr besonderes Design, ihre militärische Herkunft, den Dornröschenschlaf, aus dem Panerai vor 30 Jahren aufgeweckt wurde, et cetera.

STANDARD: Gehört zu dieser Strategie auch die digitale Storytelling-Plattform Pamcast?

Pontroué: Wir haben während des Lockdowns eine massive Zunahme an Zugriffen auf unsere Website festgestellt. Das lag vielleicht daran, dass die Menschen mehr Zeit zur Verfügung hatten, um herumzusurfen, aber auch daran, dass zum Beispiel einer unserer Markenbotschafter, der Extremabenteurer Mike Horn, berichtete, wie es ist, wochenlang allein unterwegs zu sein. Oder auch der Freitaucher Guillaume Néry, der erzählte, wie er sich darauf vorbereitet, minutenlang ohne Atmen unter Wasser zu sein. Dieses Angebot haben wir unter Pamcast zusammengefasst. Es bietet einen Mehrwert für all jene, die unsere Website besuchen. Wir wollten dieses Angebot wie einen TV-Kanal aufbauen, mit wechselndem Programm, das die Zuschauer auf der Seite hält. Dabei geht es vordergründig nicht um das Produkt, sondern um Geschichten. Wir wollen Panerai aus einem anderen Blickwinkel zeigen.

STANDARD: Panerai hat mit den Paneristi eine besonders treue Fangemeinde. Wie ist Ihr Verhältnis zu dieser Community?

Pontroué: Es ist erstaunlich: Panerai ist eine der wenigen Uhrenmarken, die so eine treue und starke Fanbase besitzen. Die Paneristi sind komplett unabhängig, sie veranstalten ihre eigenen Treffen, tauschen sich auf unterschiedlichsten Wegen untereinander aus. Das geschieht ohne das Zutun von Panerai. Tatsächlich kennen sie die Marke besser als ich. Wir stehen aber eng im Austausch mit ihnen und hören uns an, was sie zu sagen haben.

STANDARD: Was haben die Hardcore-Fans zu der Kollektionserweiterung um Luminor Due und Submersible als eigene, neue Linien gesagt?

Pontroué: Paneristi sehen sich quasi als die Hüter der Tradition. Es sind sicher einige unter ihnen, die mit diesen Linien nicht unbedingt happy sind. Es ist eine sehr emotionale Sache. Aber solange ich keine kleinen, runden Quarzuhren mit Diamanten auf den Markt bringe, hält sich der Protest in Grenzen. Sei kreativ, aber verändere nichts. Es ist eine Gratwanderung. Tatsächlich ist die Luminor Due keine Neuerfindung, sondern eine kleinere, zivilisiertere Ausgabe der Luminor. Die Submersible wiederum ist eine extremere, aggressivere Form der Luminor. Sie sind echte Panerai mit all den Codes, die eine Panerai ausmachen.

STANDARD: Ist es mitunter nicht schwierig, als Uhrenmarke noch innovativ zu sein?

Pontroué: Unsere Innovation liegt darin, Panerai aus unterschiedlichen Blickwinkeln darzustellen. Zudem werden wir auch in Zukunft neue Materialien ausprobieren und Varianten existierender Modelle entwickeln. (Markus Böhm, 10.8.2020)