Dass in einem mitteleuropäischen Land just ein "Babyelefant" zum Symbol des gewünschten Sicherheitsabstands werden würde, hätte auch niemand vorhersagen können. Aber wenn es hilft ...
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Bei einem Vergleich zwischen 13 europäischen Ländern, wie sich die jeweiligen Anti-Corona-Maßnahmen auf die Todesrate ausgewirkt haben, schneidet Österreich laut einer aktuellen britischen Studie sehr gut ab. Das gilt nicht allein für die von der Regierung verordneten Maßnahmen, sondern auch für die freiwilligen Verhaltensänderungen der – zumindest anfangs – sehr disziplinierten Bevölkerung.

Das Team um Julian Jamison von der Universität Exeter fokussierte dabei auf sogenannte "nicht-pharmazeutische Interventionen" (abgekürzt NPIs), also Maßnahmen wie Social Distancing, Mobilitätseinschränkungen, Verbote größerer Versammlungen oder Maskenpflicht.

Die Bilanz der auf einen Preprint-Server hochgeladenen Untersuchung, die vorerst allerdings noch kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen hat: "Die Studie zeigt, dass NPIs die Mortalität durch Covid-19 deutlich reduziert haben", so die Forscher. Zugleich betont Jamison, dass der Effekt freiwilliger Verhaltensänderungen von ähnlicher Größenordnung sei wie von der Regierung verordnete Maßnahmen.

Der Vergleich

Die Wissenschafter identifizierten per Google-Mobilitätsdaten die freiwilligen Verhaltensänderungen ab Anfang März 2020 und recherchierten die staatlichen Verordnungen in 13 europäischen Ländern: Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden, Schweiz und Großbritannien. Der Beobachtungszeitraum erstreckte sich bis 16. Mai.

Den Punkt, ab dem die Virusausbreitung tatsächlich zur Epidemie wurde, legten sie mit dem Zeitpunkt fest, an dem im jeweiligen Land in einem Fünf-Tages-Zeitraum die Zahl der Covid-19-Opfer stark zu steigen begann. Laut den Experten war das in Österreich spätestens ab dem 24. März der Fall, in Italien bereits ab 1. März, in Spanien und in Frankreich ab dem 8. März.

Die Google-Mobilitätsdaten zeigten in den meisten Ländern einen Abfall der Mobilität in der Bevölkerung zwischen 8. und 12. März. In Italien zeichnete sich das schon ab dem 24. Februar ab. Die Bekanntgabe nationaler Empfehlungen oder Verordnungen, zu Hause zu bleiben, recherchierten die Wissenschafter für Österreich mit dem 6. März, in Italien für den 10. März. Weit hinten liegt in der Liste Großbritannien mit dem 23. März, danach kommt nur noch Irland mit dem 26. März. Auch Frankreich (17. März) und Portugal (19. März) waren relativ spät dran.

Rasche Reduktion der Todesfälle in Österreich

Die staatlichen Maßnahmen begannen laut den Statistiken in Österreich bereits mit 22. bis 26. März die Covid-19-Todesfälle zu reduzieren. Das ist im Vergleich der 13 Staaten der frühest feststellbare Zeitpunkt. In Italien, wo die Zahl der Fälle aber auch wesentlich höher lag, war dies erst zwischen 26. und 30. März der Fall, in Dänemark zwischen 29. März und 2. April. In Großbritannien erfolgte es zwischen 8. und 12. April (Irland: 11. bis 15. April).

Die Statistik der Studienautoren zeigt insgesamt, wie vergleichsweise gut Österreich in den ersten Wochen der Covid-19-Pandemie davonkam: Es gab zwischen Anfang März und Mitte Mai in Österreich 71 Covid-19-Todesfälle pro Million Einwohner. Belgien lag mit 728 Opfern pro Million Einwohner an der traurigen Spitze der Statistik, gefolgt von Spanien (590/Million), Italien (523/Million) und Großbritannien (511/Million). Auch in Deutschland (98 Opfer je Million Einwohner) und in der Schweiz (178 pro Million) waren es deutlich mehr.

Wichtige Maßnahmen

Die wirksamsten Maßnahmen seien Beschränkungen im Verkehr zwischen Städten und Ballungsräumen, die Absage öffentlicher Veranstaltungen und der Lockdown von nicht-essenziellen Arbeitsstätten gewesen, so die Forscher. Das Schließen des Schulbetriebs und Ausgangsbeschränkungen hingegen hätten nur kleinere, statistisch nicht signifikante Effekte gezeigt.

Für den mehr oder weniger freiwilligen Rückgang der Mobilität und dessen Auswirkung auf die Covid-19-Sterblichkeit geben Wissenschafter für Österreich keinen Wert an. Für Italien mit seinem früheren Epidemiebeginn und entsprechenden Gegenmaßnahmen wird hier schon der Zeitraum 11. bis 15. März genannt. Für alle anderen Länder sind es die letzten Tage des März.

Freiwillige Selbstbeschränkung und in etwas höherem Ausmaß verpflichtende Verordnungen hätten beide gut gewirkt, so die Bilanz der Erhebung – in Kombination haben die beiden Schlimmeres verhindert. (red, 5. 8. 2020)