SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wollte am Mittwoch Doskozils jüngste Querschüsse nicht kommentieren.

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Mattersburg/Eisenstadt – Die SPÖ hinterfragt in der Causa Commerzialbank die Auszahlung von millionenschweren Vorschüssen und Krediten an Führungs- und Aufsichtsorgane der Bank: Allein 2013 hätten sich Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats "nachweislich mehr als vier Millionen Euro gegönnt", erklärte Klubobmann Robert Hergovich am Mittwoch in einer Aussendung.

Wofür das Geld geflossen sei, sei allerdings offen. Aus den Informationen lasse sich nicht exakt herleiten, wie sich diese "horrenden Geldsummen" aus dem Jahr 2013 zusammensetzten. Daher fordere er "die türkisen Protagonisten des Aufsichtsrats" auf, "offenzulegen, wofür und weshalb sie sich diese Millionenzuckerln zugeschanzt haben". Hergovich forderte erneut ÖVP-Landesparteichef Christian Sagartz, der auch Bezirksparteichef der ÖVP in Mattersburg ist, zum Rücktritt auf.

Rendi-Wagner will lückenlose Aufklärung

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner lobte das Krisenmanagement von Landeshauptmann Hans Peter Doskzil (SPÖ) in der Affäre. Doskozil habe nach einer emotionalen Pressekonferenz am Montag angekündigt, die Aufklärungsarbeit zu unterstützen, und auch einem Untersuchungsausschuss zugestimmt. Seine jüngsten internen Querschüsse wollte die Parteichefin nicht kommentieren.

"Es ist allen bewusst, dass die Commerzialbank Mattersburg, eine kleine Regionalbank im Burgenland, ein Kriminalfall ist, der Schaden angerichtet hat bei Kleinanlegern, bei Sparern. So was gehört so schnell wie möglich und lückenlos aufgeklärt", sagte Rendi-Wagner. Bei allen Beteiligten brauche es nun Sachlichkeit in der Aufklärungsarbeit. Gefordert seien aber vor allem Gerichte, Staatsanwaltschaft und Behörden.

Doskozil spricht von Geldwäsche

Doskozil sagte gegenüber "Heute", dass bei der Commerzialbank Geldwäsche betrieben worden sei. "Da gibt es bereits ein Geständnis eines Aufsichtsratsmitgliedes", so der burgenländische Landeshauptmann. Er habe deshalb "jegliche Achtung gegenüber (Ex-Bank-Chef, Anm.) Martin Pucher verloren". Der Masseverwalter müsse jetzt klären, "wie hoch der tatsächliche monetäre Schaden ist."

Kundenanwalt sieht Land in der Pflicht

Anwalt Ernst Brandl sagte hingegen im Ö1-"Mittagsjournal", dass das Land Burgenland eine Verpflichtung gehabt habe, die Bank zu prüfen. Doskozils Auffassung, dass das Bundesland nur die Genossenschaft zu prüfen habe und kein Recht habe, in die Bankgeschäfte Einblick zu nehmen, sei "schlichtweg falsch" und widerspreche den Bestimmungen im Genossenschaftsrevisionsgesetz. Das Land als Genossenschaftsrevisor habe die Gebarung und die Wirtschaftlichkeit zu prüfen – "und zwar nicht nur die Genossenschaft selbst, sonder auch all jene Unternehmen, die von der Genossenschaft beherrscht werden."

Im Fall der Commerzialbank sei die Konstellation "so, wie wenn der Hund auf die Wurst aufpasst", meinte Brandl. Es gebe mit der TPA einen Bankprüfer, der die Bilanz der Bank prüfe. Dazu komme ein vom Land beauftragte Genossenschaftsrevisor – zufälligerweise auch die TPA. "Hier verschmelzen die Funktion des zu Kontrollierenden mit der Funktion des Kontrollors."

Jeder andere, unabhängige genossenschaftliche Revisor hätte nach Ansicht des Juristen bei einem durchschnittlichen betriebswirtschaftlichen Know-how erkennen müssen, dass die Ertragssituation der Bank nicht mit den gewährten Zinsen zusammenpasst. "Und spätestens da hätte man nachfragen müssen", so Brandl.

Der Anwalt forderte das Land auf, "die Revisionsberichte der TPA zu veröffentlichen". Die TPA hätte jedenfalls an das Amt der Burgenländischen Landesregierung berichten müssen. "Und da hätte man dann schon einmal sehen können, na was machen die denn dort eigentlich in ihrer Funktion als Revision."

FPÖ will U-Ausschuss

Die FPÖ Burgenland fordert im Skandal um die Commerzialbank Mattersburg indes einen Untersuchungsausschuss. Dieser sei dringend notwendig, damit die politische Verantwortung geklärt werden kann, sagte Parteichef Norbert Hofer am Mittwoch in Eisenstadt. Für betroffene Gemeinden, Unternehmen und Härtefälle bei Privatpersonen müsse ein Sonderbudget des Landes von 50 Millionen Euro eingerichtet werden.

Wenn nur die Hälfte von dem stimme, was er bisher gehört habe – und dies der U-Ausschuss auch zutage bringe –, sei es in hohem Maße wahrscheinlich, dass danach die Frage nach vorzeitigen Neuwahlen gestellt werde, so Hofer. Der Bankskandal sei für ihn und andere, die in einer Zeit politisch aktiv geworden seien, als der Bank-Burgenland-Skandal ruchbar geworden sei, "wie ein Déjà-vu", sagte Hofer. Damals sei das Land "in einer Schockstarre gewesen". Im aktuellen Skandal sei von einem Schaden von bis zu 700 Millionen Euro die Rede, was in etwa der Hälfte des burgenländischen Landesbudgets entspreche.

Ihn störe, dass sich ÖVP und SPÖ in den vergangenen Tagen ausschließlich damit beschäftigt hätten, der anderen Partei möglichst viel umzuhängen, kritisierte Hofer. Diese Vorgangsweise sei unwürdig. Er hoffe, dass die FPÖ einen Beitrag leisten könne, um hier zu einer Trendwende in der politischen Ausrichtung zu kommen. "Es hilft niemandem im Burgenland, wenn sich Rot und Schwarz wie Tom und Jerry den Schädel einschlagen und die Betroffenen auf ihrem Schaden sitzenbleiben", sagte Hofer, der auch Chef der FPÖ Burgenland ist.

Grüne wollen "keine Schnellschüsse"

Auch Burgenlands Grüne sprechen sich für einen Untersuchungsausschuss aus, für eine Neuwahl sehe man keinen Grund. Die Partei warnt generell vor Schnellschüssen: "Zunächst muss einmal geklärt werden, wie hoch die tatsächlichen Schäden bei Gemeinden und Landesunternehmungen sind, bevor man über die Höhe der Landesgelder als Unterstützung spricht", stellte Klubobfrau Regina Petrik in einer Aussendung fest.

Forderungen nach Rücktritten, aber auch vorschnelle Geldfreigabe von Landesmitteln seien für die Grünen "nicht zielführend". (APA, 5.8.2020)