Provokante Bühnenfigur: Lisa Eckhart.

Foto: imago/Eßling

Eine Ausladung der österreichischen Kabarettistin Lisa Eckhart vom Harbourfront-Literaturfestival in Hamburg sorgt für Aufregung in der Kulturszene. Laut Medienberichten hatte der Betreiber des Veranstaltungsorts gegenüber der Festivalleitung Sicherheitsbedenken im Fall eines Auftritts Eckharts formuliert, der von Kritikern rassistische und antisemitische Klischees vorgeworfen werden.

Der Veranstaltungsort Nochtspeicher hatte abgesagt, weil er die Sicherheit von Künstlerin und Publikum angesichts von Drohungen aus der autonomen Szene nicht gewährleisten könne. "Es ist unseres Erachtens sinnlos, eine Veranstaltung anzusetzen, bei der klar ist, dass sie gesprengt werden wird und sogar Sach- und Personenschäden wahrscheinlich sind", zitierte der "Spiegel" aus einer Mail des Nochtspeicher. In dem "bekanntlich höchst linken Viertel" werde eine solche Veranstaltung nicht geduldet, auch an Polizeischutz sei nicht zu denken, weil "die Situation dann sogar noch eskalieren und gar zu Straßenscharmützeln führen" könne.

Festival: Weichen der Gewaltandrohung

"Wir sind im Gespräch mit der Jury des Wettbewerbs und mit dem Management, ob wir nicht doch eine Lösung finden, die durchführbar und für alle Teilnehmer fair ist", sagte Nikolaus Hansen von der Festivalleitung in der Folge am Donnerstag zur APA. Dass Eckhart zunächst aus dem Bewerb um den Klaus-Michael-Kühne-Preis ausgeladen wurde, da sich der Veranstaltungsort nach Drohungen des Schwarzen Blocks geweigert habe, die Lesung durchzuführen, bestätigte Hansen. "Es geht uns überhaupt nicht darum, Frau Eckhart loszuwerden, im Gegenteil, wir haben alles versucht, sie drinzuhalten", betonte er. Das Festival befinde sich in "keiner schönen Rolle", es weiche der Gewaltandrohung. Allerdings hoffe er, eine Lösung zu finden, die einen fairen Wettbewerb gewährleiste.

Andere Lösung nicht absehbar

Eckhart ist eine von acht Kandidatinnen und Kandidaten für den Klaus-Michael-Kühne-Preis, der am 20. September für den besten Debütroman vergeben wird. Die Autoren treten jeweils paarweise in vier Veranstaltungen vor der Jury auf, immer im Nochtspeicher am Hamburger Hafenrand. Zwei der infrage kommenden Autoren seien nicht einverstanden gewesen, mit Eckhart bei einer gemeinsamen Veranstaltung aufzutreten.

Ein leicht verändertes Format mit Einzelauftritten der Autoren habe die Absage durch den Nochtspeicher nach sich gezogen. Da Eckhart die geplante Veranstaltung am 14. September nicht selbst absagen wollte, habe das Festival sie ausgeladen. Ob es zu einer anderen Lösung noch kommen könne, sei nicht absehbar. Eckhart werde unabhängig vom Festival am 3. September im Hamburger Literaturhaus in einem anderen Stadtteil aus ihrem ersten Roman "Omama" vorlesen, der am 17. August erscheint und den sie in Wien am 27. August bei den O-Tönen im Museumsquartier vorstellen wird.

Kultursenator: Ausladung ist ein Skandal

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) zeigte sich besorgt. Es müsse darauf geachtet werden, dass künstlerische Räume nicht zum Beispiel durch Androhung von Gewalt verengt würden. Wer das mache, schade unmittelbar der Kunst und der Freiheit, erklärte Brosda am Donnerstagnachmittag. "Dass im konkreten Fall dieser Eindruck entsteht, besorgt mich. Ich werde daher kurzfristig mit den Veranstaltern über die genauen Hintergründe ihrer Entscheidung reden." Eckharts Kabarettkollege Dieter Nuhr bezeichnete die Ausladung indes als Skandal: "Der Protestmob auf der Straße entscheidet also darüber, wer hier bei uns seine Kunst ausüben darf", schrieb er auf Facebook. (APA, red, 6.8.2020)