Die FMA hätte bereits 2015 zwei Prüfer der TPA wegen fataler Prüfungsmängel für fünf Jahre für Bankprüfungen gesperrt, heißt es im Vorwurf des Anwalts.

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Mattersburg/Wien – In der Causa Commerzialbank Mattersburg gibt es nun eine Amtshaftungsklage eines prominenten Anlegeranwalts gegen die Republik: Die Kanzlei des Grazers Harald Christandl hat formell ein Verfahren gegen den Staat eingeleitet, berichtete die "Kleine Zeitung" Donnerstagnachmittag vorab. Begehrt wird eine Haftung der Republik dem Grunde nach für Schäden, die von der Einlagensicherung nicht gedeckt sind.

Die Republik habe nun drei Monate Zeit zu reagieren, "wobei wir angesichts der Ausgangslage hoffen, dass langwierige und kostenintensive Gerichtsverfahren hintangehalten werden können", so Christandl in der Zeitung. Das Begehren wurde in einem Schreiben an den Präsidenten der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, dargelegt.

Vorwurf: Versäumnisse der Aufsicht

Christandl sei von Mandanten mit der Geltendmachung und Durchsetzung von Amtshaftungsansprüchen "im Zusammenhang mit den Versäumnissen der staatlichen Aufsicht bei der Commerzialbank Mattersburg beauftragt", hieß es darin.

Die Pflichten der Finanzmarktaufsicht haben augenscheinlich bei der Commerzialbank kläglich und vielschichtig versagt. Der FMA hätte bei ordnungsgemäßer Aufsicht und Prüfung jedenfalls auffallen müssen, dass die in den Jahresabschlüssen öffentlich ersichtlichen Fantasiezahlen der Bank einem Marktvergleich unter keinen nachvollziehbaren und realitätsnahen Parametern standhalten", argumentierte der Anlegeranwalt. Das seien aber nur einige der Auffälligkeiten, erklärte die Anwaltskanzlei. Es bestehe der Eindruck eines "nicht vertretbaren, multiplen Behördenversagens".

Mehr als eine Handvoll von Anlegeranwälten hat bisher bereits Amtshaftungsklagen im Fall Mattersburg-Bank angekündigt. Mitte Juli bereits wurde nach APA-Informationen im Namen eines gemeinnützigen Bauunternehmens eine erste entsprechende Klage eingereicht.

Gesetzesverstoß bei der Prüfer-Bestellung

Auch der Linzer Rechtsanwalt Gerald Waitz hat mit dem Prozessfinanzierer LVA24 Musterklagen gegen die Republik und die Aufsichtsräte vorbereitet. Er hält die erneute Bestellung der Kanzlei TPA zum Wirtschaftsprüfer der Commerzialbank Mattersburg ab 2015 für einen "schwerwiegenden Gesetzesverstoß" und begründete dies mit dem Vorliegen eines Ausschlussgrundes wegen der Sperre zweier Prüfer.

"Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat bereits 2015 zwei Prüfer von TPA wegen fataler Prüfungsmängel für fünf Jahre für Bankprüfungen gesperrt. Nach dem Bankwesengesetz (BWG) stellt dies nach meiner Rechtsmeinung eindeutig einen Ausschlussgrund für weitere Prüfungstätigkeiten von TPA bei dieser Bank dar", argumentierte der Anlegeranwalt.

Wann ein Prüfer ausgeschlossen wird

Nach Paragraf 62 des Bankwesengesetzes (BWG) sei ein Wirtschaftsprüfer von der Prüfung einer Bank ausgeschlossen, wenn er die Prüfung nicht mit der erforderlichen beruflichen Sorgfalt ausübe, insbesondere wenn seine Prüfungshandlungen innerhalb der vergangenen fünf Jahre schwere Mängel aufgewiesen hätten. "Genau solche schweren Mängel haben die FMA 2015 zu weitreichenden Sanktionen veranlasst", stellte der Anlegeranwalt fest.

"Dass der Aufsichtsrat danach trotzdem TPA weiter zum Wirtschaftsprüfer bestellt hat und die FMA dagegen nach derzeitigen Erkenntnissen nicht Widerspruch erhoben hat, obwohl sie dazu meiner Ansicht nach gesetzlich verpflichtet war, ist nicht nur ein Skandal, sondern wird in unseren Musterklagen auch als Begründung der Haftung der Republik und der Mitglieder des Aufsichtsrates herangezogen werden", so Waitz. Auch gegen den Wirtschaftsprüfer selbst werde bereits eine Musterklage vorbereitet. (APA, red, 6.8.2020)