Es wird eine Wahl wie keine andere, jedenfalls in Bezug auf das zu erwartende Prozedere. Aus Angst vor der Ansteckungsgefahr dürften heuer deutlich weniger US-Amerikaner als sonst am 3. November ein Wahllokal betreten. Gut möglich, dass die Anzahl der Wahllokale ohnehin stark reduziert werden muss. Zumeist sind es ja ältere Freiwillige, die dort für einen geordneten Ablauf sorgen, und dass Senioren kein zusätzliches Corona-Risiko eingehen wollen, kann man ihnen nicht verdenken.

Das Abstimmen per Brief wird daher wohl Dimensionen erreichen, wie sie die USA bislang nicht annähernd erlebt haben. Das stellt die Bundesstaaten, die das Votum organisieren müssen, vor erhebliche logistische Probleme. Und daran, dass in der Nacht nach der Wahl ein Sieger ausgerufen werden kann, muss man aus heutiger Sicht eher zweifeln. Dabei wird es nicht, wie im Jahr 2000 in Florida, am Streit um schlecht gestanzte Lochkarten liegen, sondern schlicht an der Rekordzahl von Briefwählern.

US-Präsident Donald Trump weiß, dass sich die Anhänger der Demokraten leichter tun mit dem Votum per Brief als die der Republikaner.
Foto: EPA/Stefani Reynolds

Die Auszählung ihrer Stimmen könnte sich hinziehen, sodass in den Swing-States, in denen es oft auf Messers Schneide steht, unter Umständen Tage vergehen, bis ein Ergebnis feststeht. Solange Swing-States wie Florida, Michigan, North Carolina, Pennsylvania oder Wisconsin keine belastbaren Resultate melden, dürfte denn auch kein Sieger feststehen. Es sind die Herausforderungen einer Wahl in Zeiten der Pandemie – durchaus zu meistern, durchaus mit Geduld zu ertragen, wenn man denn will.

Polemisieren

Nur trägt Trump in keiner Weise zur Problemlösung bei. Der Präsident weiß, dass sich die Anhänger der Demokraten leichter tun mit dem Votum per Brief als die der Republikaner. Zumal dann, wenn er selbst nahezu täglich Zweifel am Briefwählen sät und im Widerspruch zu allen Erfahrungswerten von massiver Fälschung spricht. Darin liegt der wahre Grund für seine Tiraden.

Also verlegt er sich, statt Probleme anzugehen, aufs Polemisieren. Der Post, auf deren Zuverlässigkeit es maßgeblich ankommen wird, verordnet er ausgerechnet jetzt einen rigiden Sparkurs. Während sich seine Republikaner im Kongress bislang weigern, den Einzelstaaten bei dem zu erwartenden logistischen Kraftakt zu helfen, indem sie die nötigen Gelder bewilligen, schürt er einen Generalverdacht. Den Verdacht, dass eine Wahl, die in manchen Punkten vom Gewohnten abweicht, nur eine manipulierte sein kann. (Frank Herrmann, 7.8.2020)