Wenn Sie der Anregung der Bundesregierung gefolgt sind, im wunderschönen Österreich Urlaub machen und in Ihrem Hotel ein Siegel bezüglich Corona-Testungen sehen – dann heißt das so gut wie gar nichts. Denn wie Recherchen des STANDARD zeigen, reicht es für die Verleihung eines derartigen "Zertifikats" offenbar, dass der betroffene Betrieb ein einziges Mal einige Mitarbeiter zum Coronavirus-Test geschickt hat.

In Niederösterreich sagt der zuständige Tourismus-Landesspartenvize, ein "Siegel" wäre quasi egal; in Salzburg weiß man gar nicht, wie man an das Zertifikat gelangt. Das Chaos regt sogar Beteiligte schon so auf, dass sie sich als Whistleblower bei Medien melden.

Die Corona-Teststrategie im Tourismus, ersonnen im türkisen Tourismusministerium ohne Einbindung des grünen Gesundheitsministeriums, war von Beginn an von Verwirrung geprägt.

Coronavirus-Drive-in-Teststation vor der Dienststelle des Roten Kreuzes St. Wolfgang.
Foto: APA/FOTOKERSCHI.AT/KERSCHBAUMMAYR

Da gab es die Vorfälle rund um den US-Beraterriesen McKinsey, der plötzlich Vorträge vor Tourismusverbänden hielt und dessen Logo Broschüren zum damals "Safe A" genannten Testprojekt schmückte. Bis heute ist unklar, wer McKinsey involviert hat; Geld soll angeblich nicht geflossen sein.

Dann dauerte es wochenlang, bis klar war, dass das Projekt "Safe A" gar nicht mehr existiert, sondern nur der Name für das Pilotprojekt der Tourismustests war. Auch hier gibt es viele Fragen, etwa warum die vier beteiligten Labore dennoch erst Ende Juni eine "Safe A"-Webseite aufsetzten und auch im August noch das entsprechende Siegel an Betriebe, etwa in der Wachau, verleihen.

Melange aus Chaos, Inkompetenz und Intransparenz

Mit Ruhm bekleckert haben sich die Behörden auch beim Coronavirus-Cluster in St. Wolfgang nicht – die zuständigen Krisenmanager der oberösterreichischen Landesregierung. Legendär bleibt der Satz vom Krisenstab-Mitglied und ärztlichen Leiter des Salzkammergut-Klinikums, ein Schwangerschaftstest schütze ja auch nicht vor einer Schwangerschaft.

Dazu kommt die tief involvierte Wirtschaftskammer, deren Landesverbände offenbar stark unterschiedliche Meinungen vertreten. Dass die Regierung ihre Kernaufgaben so an die Wirtschaftskammer auslagert (man denke auch an die Wirtschaftshilfen), sorgte dafür, dass zum Beispiel Jugendherbergen und andere Betriebe, die nicht Mitglied der Kammer sind, gar nicht für die Testungen infrage kommen.

Angesichts dieser Melange aus Chaos, Inkompetenz und Intransparenz darf sich Österreich glücklich schätzen, dass es bislang nicht zu mehr Coronavirus-Clustern im Tourismus gekommen ist. Hart ist die Situation vor allem für die vielen Touristiker, die um ihr Überleben kämpfen und sich redlich darum bemühen, für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter und Gäste zu sorgen.

Das Tourismusministerium muss sich hingegen deutliche Kritik gefallen lassen. Viel Zeit war zwischen Lockdown und Beginn der Sommersaison zwar nicht – aber selbst die ist offenbar nicht ausreichend genutzt worden. Anstatt einer ganzheitlichen, nachvollziehbaren Strategie wurde die Organisation der Tourismus-Testungen ausgelagert. Das hielt das Ministerium nicht davon ab, permanent für den sicheren Urlaub in Österreich zu werben. Nachdem der heimische Tourismus (Stichwort Ischgl) ein europäischer Superspreader war, hätte man hier deutlich mehr leisten müssen. (Fabian Schmid, 6.8.2020)