Beim Tanz mit dem Jedermann könnte sich Buhlschaft Caroline Peters leicht infizieren. Sie führt präventiv ein Kontakttagebuch, damit im Ernstfall die Infektionskette unterbrochen wird.

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Jedermann Tobias Moretti führt eines, und auch die Buhlschaft Caroline Peters weiß nach dem Festspielsommer genau, wen sie aller getroffen hat – das Kontakttagebuch soll helfen, einen möglichen Festspielcluster schnell eingrenzen zu können.

Denn die Schauspieler gehören wie auch die Orchestermitglieder zur "roten Gruppe" der festspielinternen Corona-Ampel. Dazu zählen Mitarbeiter, die in ihrer Berufsausübung den einen Meter Mindestabstand nicht einhalten und keinen Mund-Nasen-Schutz tragen können. Sie alle werden regelmäßig getestet, verzichten weitgehend aufs Ausgehen, messen Fieber und führen das Kontakttagebuch.

Die Buhlschaft schreibt also auf, wen sie abends nach der Vorstellung noch trifft. Würde sie der Jedermann auf der Bühne anstecken, könnten die Kontaktpersonen so rasch ausfindig gemacht werden.

Hilfe beim Contact-Tracing

Der deutsche Virologe Christian Drosten plädiert in einem Beitrag für die Wochenzeitung Zeit dafür, dass jeder Bürger in diesem Winter ein Kontakttagebuch führen sollte. So könnten unerkannte Cluster entdeckt und die Gesundheitsämter beim Contact-Tracing unterstützt werden. Um einen Lockdown zu verhindern, auch wenn es zu einer zweiten Welle kommt, müsse man eine Clusterstrategie verfolgen.

Drosten schlägt vor, sich nicht mehr auf einzelne Corona-Fälle, sondern auf Infektionsgruppen zu konzentrieren. "Waren bisher die meisten Infektionsketten nachvollziehbar, können neue Fälle bald überall gleichzeitig auftreten", schreibt der Virologe in der Zeit. "Dann sind die personell schlecht ausgestatteten Gesundheitsämter endgültig damit überfordert, die Quarantäne jeder einzelnen Kontaktperson zu regeln."

Nur noch zehn Tage Quarantäne

In Österreich hat das Gesundheitsministerium die Vorschriften für die Kontaktpersonenverfolgung auch angepasst. Wer in behördlich angeordnete Quarantäne muss, muss dort in der Regel nur mehr zehn statt 14 Tagen verbleiben. Auch in der kürzlich veröffentlichten Einreiseverordnung werden nur noch zehn Tage vorgeschrieben. Drosten schlägt vor, die Isolation überhaupt auf fünf Tage zu reduzieren.

Die Anpassung der verkürzten Quarantäne auch für Infizierte wurde auf Grundlage einer Empfehlung des Robert-Koch-Instituts (RKI) vorgenommen. Die durchschnittliche Inkubationszeit für Kontaktpersonen liege zwischen fünf und sechs Tagen. Eine Metaanalyse, die mehrere Studien zusammengefasst habe, berichtet von maximal 10,6 Tagen. Kontaktpersonen der Kategorie I, also jene, die in engerem Kontakt mit positiv Getesteten waren, werden laut der neuen Vorschrift nicht nur behördlich in Quarantäne abgesondert, sondern müssen nun auch getestet werden.

Kontaktpersonen werden gleich getestet

Eine Strategie, auf die man in Wien schon länger setzt. Durch ein derartiges Vorgehen sei man auf die Cluster rund um die Leiharbeit gestoßen, sagt ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Für konkretes Handeln sei am relevantesten, gezielt nach Häufungen zu suchen und nicht unbedingt auf "Einzelfallbetrachtungen" zu fokussieren. Auch Virologe Drosten meint, die Behörden sollten sich auf Gruppen konzentrieren, in denen sich viele Menschen mit dem Virus infiziert haben.

Bei der Suche nach Clustern setzt man in Wien auch auf sogenannte "Umfeldscreenings": Also Tests in Bereichen mit beengten Wohnverhältnissen wie Flüchtlingsheimen, bei Leiharbeitern oder dort, wo vulnerable Personengruppen wie in Pflegeheimen sind. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) präsentierte ebenfalls vor einigen Wochen eine derartige Strategie: Getestet werden sollen besonders gefährdete Gruppen.

Freiwillige Kontaktlisten

Bei den Salzburger Festspielen wird zudem ein weiterer Testballon gestartet. Im Zuge des Gütesiegels "sichere Festspiele" verpflichten sich Partnerbetriebe zu Sicherheitsmaßnahmen, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Mitarbeiter mit Kundenkontakt tragen in den rund 100 teilnehmenden Betrieben einen Mund-Nasen-Schutz. In Restaurants, wo eine Tischreservierung üblich ist, muss zumindest einer der Gäste seine Kontaktdaten angeben, in anderen Lokalen sollen sich Gäste freiwillig registrieren können.

In Deutschland sind Kontaktlisten in der Gastronomie im Gegensatz zu Österreich Usus. Hierzulande wird stattdessen ein Aufruf gestartet – wie am Donnerstag nach einem positiven Fall in Kaprun: weil nicht eingrenzbar war, wer ein Lokal besucht hatte. (Vanessa Gaigg, Stefanie Ruep, 7.8.2020)