Eindeutig die Unwahrheit sagt HC Strache hingegen, wo es um die geistige Befindlichkeit seiner ehemaligen Partei und jetzigen Kontrahentin im Kampf um Wien geht.

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Ob Strache in Bezug auf seinen Wohnsitz die Wahrheit sagt, lässt sich derzeit nur mit der bekannten Gegenfrage eines gewissen Pontius Pilatus offen halten: Was ist Wahrheit? Eindeutig die Unwahrheit sagt er hingegen, wo es um die geistige Befindlichkeit seiner ehemaligen Partei und jetzigen Kontrahentin im Kampf um Wien geht. Diese habe keine Vordenker mehr, teilte er bei Fellner mit. Die inhaltliche und sachliche Vorgabe ist in den letzten 15 Jahren immer durch mich erfolgt, und kaum bin ich weg, fällt ihnen außer "Korona-Corona", "Asylantenvirus" und "Unkrautvernichter" nichts mehr ein. Ein trauriges Schauspiel.

Das ist nicht wahr. Wahr ist vielmehr, dass der von Strache abgelegten Restelpartei außer den drei genannten Themen sehr wohl etwas einfällt, wenn das auch alles andere als neu ist. Das führte Donnerstag die Parteiantiquität Andreas Mölzer wieder bei Fellner vor, wo er für "Österreich" und oe24.tv die österreichische Innenpolitik kommentiert. Genauer: wo er ein Ausgedinge fristen darf, wenn ihm das freiheitliche Blatt "Zur Zeit" für seine Ergüsse nicht ausreicht. Unter dem nicht ohne weiteres verständlichen Titel Somalier in Wien – Kärntner Slowenen versuchte er sich in der wechselseitigen Aufladung zweier freiheitlicher Lieblingsthemen zu einem die deutsche Kultur in Österreich bedrückenden Albtraum: Wollen Migranten-Communities bald auch Volksgruppenrechte?

Die "somalische Community"

Geschürt ward diese seine Angst von einer Meldung in der "Presse", wo es hieß, dass jüngst in Wien ein von Migranten aus Somalia betriebener Imbissstand abgebrannt sei und wenige Wochen zuvor ein Heim der somalisch-österreichischen Freundschaftsgesellschaft. Was Mölzer daran störte, war, dass die "somalische Community" in der renommierten konservativen Tageszeitung mit rund 8.000 Personen beziffert wurde. Brand hin, Brand her, was nunmehr zu denken geben sollte: Wenn die "somalische Community" schon 8.000 Köpfe umfasst, wie viele dann die nigerianische, oder die syrische, oder die afghanische und gar nicht zu reden von der türkischen.

Das Schöne an dieser urfreiheitlichen Wahrscheinlichkeitsrechnung ist, dass der somalische Imbissstand gar nicht hätte abbrennen müssen – Mölzer wäre auf jeden Fall zu dem Schluss gekommen, dass alle diese Köpfe wohl nahezu ein Viertel der Wohnbevölkerung ausmachten, diehier sogenannten "Migrationshintergrund" hätten. Und jetzt, so Mölzer: All diese ethnischen Gruppierungen haben natürlich das Recht, ihre kulturelle und sprachliche Identität zu wahren und müssen ihre Herkunft nicht verleugnen.

Eine neue Perfidie

Dieses edle Zugeständnis an das natürliche Recht all der Köpfe, ihre Herkunft nicht verleugnen zu müssen, darf aber nicht dazu verleiten anzunehmen, die Freiheitlichen vom Schlage Mölzers hätten sich in Beschützer von nicht nur deutsch sprechenden Minderheiten in Österreich gewandelt. Das Gegenteil ist der Fall, nur hat man sich eine neue Perfidie ausgedacht, indem heimische Volksgruppen gegen zuziehende Ausländer ausgespielt werden sollen. Wenn es tatsächlich 8.000 Somalier in der Bundeshauptstadt gibt, wo ist dann – provokant gefragt – der Unterschied zu jenen etwas mehr als 12.000 Menschen, die im Jahre 2001 laut Wikipedia in Kärnten Slowenisch als Umgangssprache angegeben haben, also zur autochthonen slowenischen Volksgruppe im Lande gehören. Warum genießen diese umfangreiche und vielfältige staatliche Förderungen, haben ein eigenes Schulwesen und bekommen ihre Existenz legitimerweise (allerdings lange gegen den Widerstand der FPÖ) auch durch eigene topografische Aufschriften, Ortstafeln eben dokumentiert?

So weit geht Mölzer nicht, den Slowenen ihre mühsam erkämpften Rechte wieder abzusprechen, um Somalier und andere Köpfe vor deren Heimvorteil zu schützen. Aber doch die bange Frage: Werden diese "Communities" demnächst auch so etwas wie Volksgruppenrechte beanspruchen? Insbesondere der Volksgruppenbeirat, in dem die sechs autochthonen Volksgruppen, die es in Österreich gibt, vertreten sind, sollte diese Problematik im Auge haben. Denn besonders heimtückisch ist eine höhere Geburtenrate der Communities, während die Tendenz der autochthonen Volksgruppen zur Assimilation in das muttersprachlich deutsche Kulturgefüge diese weiter schwächen dürfte. Früher einmal war genau das erwünscht.

Fellner verkauft den völkischen Schmarren zwischen dem Obertitel Österreich-Meinung und der Fußnote: Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors und nicht der Redaktion wieder. Wer weiß – etwa die des Herausgebers? (Günter Traxler, 8.8.2020)