Die Umstände führen dazu, dass Alex Rider (Otto Farrant) die Schule vorerst einmal abbrechen muss, um schnell die Mörder seines Onkels zu finden. Eine abenteuerliche Reise beginnt.

Foto: Amazon Prime Video / Sony Pictures

Nach der Regie von Das Boot brauchte Andreas Prochaska dringend – nein, keine Pause. Die Arbeiten an der Weitererzählung des deutschen Fernsehnationalgutes waren 2018 noch nicht abgeschlossen, als der Ruf aus London für die Serie Alex Rider kam. Nach mehr als hundert Drehtagen in vier verschiedenen Ländern mit 80 Schauspielern, 26 toten Charakteren und zig untergegangenen Komparsen stand Prochaska der Sinn nach Leichterem. Wobei "leicht" auch nur relativ ist. Denn gleich in der ersten Folge – Achtung, jetzt kommt der einzige Spoiler – stirbt Alex’ Onkel eines gewaltsamen Todes. Der clevere Jüngling glaubt die Erklärungen der Agenten nicht und macht sich auf die Suche nach den Mördern. Damit beginnt eine spannende und abenteuerliche Reise in die Welt von Geheimagenten und mysteriösen Privatschulen. Prochaska hat die Serie produziert und bei vier von acht Folgen Regie geführt. Alex Rider ist auf Amazon Prime abrufbar. Sony Pictures hat die Serie bereits in mehr als hundert Länder verkauft.

STANDARD: Wie kamen Sie in Kontakt mit "Alex Rider"?

Prochaska: Mein Agent in England hat mir das Drehbuch der ersten Folge geschickt, und ich habe sofort gedacht: Das taugt mir. Das Boot war für mich in jeder Hinsicht belastend, nicht nur aufgrund der Länge, wegen des Themas. Ich habe nach etwas mit einer leichteren Tonalität gesucht. Alex Rider war perfekt.

STANDARD: Die Bücher von Anthony Horowitz sind in Großbritannien Bestseller. Wie haben Sie sie adaptiert?

Prochaska: Es begann schon mal damit, dass unsere Serie eine Mischung aus Stormbreaker und Point Blank ist. Stormbreaker wurde als Film von Harvey Weinstein produziert und war ein ziemlicher Schuss in den Ofen. Damit war relativ schnell klar, dass alles vermieden werden sollte, was in dem Film schiefgegangen war, nämlich dass alles völlig over the top war. Ich habe den Roman nach 20 Seiten aufgehört zu lesen, weil ich gemerkt habe, das hilft mir nicht, weil es Bücher für Zwölfjährige sind. Die Anforderung war, dieses Material für ein älteres Publikum aufzubereiten, mit realistischeren Figuren.

STANDARD: Wie haben Sie Hauptdarsteller Otto Farrant gefunden?

Prochaska: Es gab einen landesweiten Aufruf, woraufhin allein mehr als 3000 E-Castings kamen. In Wahrheit gab es nur Otto Farrant. Ich habe ihn wirklich stundenlang in die Mangel genommen, weil acht Folgen zu tragen ist für einen jungen Schauspieler eine extreme Anforderung.

STANDARD: Inwiefern?

Prochaska: Ich empfehle jedem Schauspieler, sich Michael Caines Buch Weniger ist mehr unter den Kopfpolster zu legen. Wenn der Hauptdarsteller mit schlechter Laune ans Set kommt, ist das mindestens so schlimm, als wenn ich mit schlechter Laune komme. Es strahlt in alle Richtungen aus. Ich habe bei jungen Schauspielern erlebt, dass sie nach drei Drehtagen die Garderobendamen schlecht behandeln, weil sie glauben, sie sind jetzt Stars. Das ist tödlich.

STANDARD: Die Grundregeln des Genres Spionagefilm sind ja relativ genau abgesteckt. An welche dieser unverzichtbaren Action-Elemente haben Sie sich gehalten?

Prochaska: Für mich sind die Figuren das Wichtigste, und ich habe versucht, das Umfeld mit meinem österreichischen Blick so britisch wie möglich zu machen und eine Figur zu zeichnen, der man glaubt und bei der das Scheitern eine Möglichkeit ist. Ich finde Superhelden langweilig, bei denen man genau weiß, denen kann nichts passieren. Für mich ist jede Geschichte eine Reise, bei der ich meinen Instinkten folge.

STANDARD: Zurück zu "Das Boot". Eine zweite Staffel kam nicht infrage?

Prochaska: Ich habe nach der ersten für mich damit abgeschlossen. Ich habe alle Möglichkeiten des Erzählerischen in diesem U-Boot durchlebt, da hätte es nur eine Wiederholung gegeben.

STANDARD: Hat es die zweite Staffel gebraucht?

Prochaska: Ich habe dazu keine Meinung, weil ich mir die zweite Staffel nicht angeschaut habe. Ich dachte, wenn es besser ist als die erste, bin ich sauer, und wenn es schlechter ist, auch. Ich schaue im Moment eher alte Kinofilme. Serienbingen kommt mir mittlerweile vor, als stünde man vor dem Kühlschrank und stopfte alles in sich hinein.

STANDARD: Was ist mit TV-Film?

Prochaska: Der normale Fernsehfilm hat ein Ablaufdatum. Ich würde es mir dreimal überlegen, weil du irrsinnig viele Energien in etwas hineinbutterst, was einmal 90 Minuten, einmal in einer späten Wiederholung läuft und dann eine Woche in der Mediathek abrufbar ist. Eine Serie, die auf einem Streamer weltweit und permanent abrufbar ist – das ist für mich schon cool.

STANDARD: Schlecht für den ORF?

Prochaska: Das kann ich so nicht sagen. Wenn es etwas Spannendes gibt, wo sie denken, das könnte etwas für mich sein, werden sie mich schon anrufen. Ansonsten habe ich im Moment das Gefühl, wenn ich sehe, was im ORF jenseits von Landkrimi und Stadtkomödie so läuft, da gibt es schon ein bissl ein inhaltliches Problem.

STANDARD: Der nächste Dreh entsteht definitiv unter anderen Umständen, nämlich mit Corona-Schutzauflagen. Fürchten Sie sich schon?

Prochaska: Mit Fürchten ist niemandem geholfen. Ich versuche, mich verantwortungsvoll zu verhalten und darauf zu hoffen, dass die Menschen in meinem Umfeld das genauso tun.

Hören Sie Andreas Prochaska im Podcast über seine Regie in "Das Boot" in einer Aufnahme aus dem Jahr 2018: