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Gruppenfoto der Nazidelegierten 1920, Adolf Hitler ist rot markiert.

foto: picturedesk/önb-bildarchiv/ presse-illustrationen hoffmann

Aktion von erinnern.at zum 100. Jahrestag des Nazitreffens in Salzburg.

foto: thomas neuhold

Es ist ein Datum – obschon historisch höchst bedeutend –, das weitgehend aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden ist. Zwei Wochen vor der ersten "Jedermann"-Aufführung und dem Beginn der Salzburger Festspiele am 22. August 1920 fand im Salzburger Chiemseehof, dem Sitz der Landesregierung, eine Tagung der Nationalsozialisten aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei statt. Dabei einigten sich die 250 Delegierten am 7. und 8. August auf einen – vorerst symbolischen – Zusammenschluss ihrer Parteien unter dem Namen "Nationalsozialistische Partei des deutschen Volkes" und auf das Hakenkreuz als Parteiemblem.

Historische Bedeutung kommt der Tagung in Salzburg vor allem zu, weil damit die Einigungsverhandlungen zwischen der Deutschen Sozialistischen Partei (SAP) und der Münchner NSDAP einen Abschluss fanden.

Hitler Delegierter der Münchner Partei

An diesem "Vertretertag aller nationalen Sozialisten des deutschen Sprachgebietes" nahm auch Adolf Hitler als Delegierter der Münchner Partei teil. Davon zeugt ein Gruppenfoto vor der Stiege 1, die heute zum Büro des Landeshauptmanns hinaufführt. Am Bild ist Adolf Hitler als Fünfter von links (in der STANDARD-Bearbeitung rot markiert) klar erkennbar.

Dass Hitler noch kein hochrangiger Funktionär der Partei war und damals außerhalb von München noch weitgehend unbekannt, zeigt das deutschnationale Salzburger Volksblatt, das nach der Konferenz von "Adolf Hüttler" und seiner viel beklatschten Rede schreibt.

Marko-Feingold-Straße

Aktivisten der Plattform erinnern.at (Institut für Holocaust Education des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung) und KPÖ-plus-Gemeinderat Kay-Michael Dankl (selbst Historiker) machten am Freitag mit einer kleinen Transparentaktion im Chiemseehof auf den verhängnisvollen Jahrestag aufmerksam.

Der Zeithistoriker und Salzburger Netzwerkkoordinator von erinnern.at, Robert Obermair, verwies im STANDARD-Gespräch auf eine aktuelle Debatte in der Stadt: "Salzburg war eine Hochburg der Deutschnationalen und Nationalsozialisten. Das wird an vielen Plätzen in der Stadt sichtbar – oft unkommentiert." Die Stadtpolitik dürfe sich nicht aus ihrer Verantwortung winden, sagt Obermair.

Ein Beispiel für diese Verantwortung wäre die Umbenennung der nach dem Antisemiten Franz Stelzhamer benannten Straße im Andräviertel in Marko-Feingold-Straße. Marko Feingold (1913–2019) war jahrzehntelang Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg. (Thomas Neuhold, 9.8.2020)