Jean Paul Gaziers "Musiker im Stalag XVII C (317)" von 1942 erinnert indirekt an das größte Nazi-Verbrechen in Salzburg.

Foto: Museum Kunst der Verlorenen Generation

Das kleine Privatmuseum in der Salzburger Sigmund-Hafner-Gasse, unmittelbar an den Festspielbezirk angrenzend, gehört zu den spannendsten privaten Sammlungs-Ausstellungen Österreichs. Seit Oktober 2017 präsentiert in den Räumlichkeiten der ehemaligen zeitgenössischen Galerie 5020 der in Leipzig geborene Mediziner Heinz Böhme Werke aus seiner Privatsammlung Kunst der verlorenen Generation.

Der heute 88-Jährige hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Werke einer ganzen Künstlergeneration, die vom nationalsozialistischen Regime wegen ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer politischen Einstellung nicht geduldet und als entartet gebrandmarkt wurden, aus der Vergessenheit zu holen. Die Bilder wurden im Zuge der Aktion "Entartete Kunst" 1937 aus öffentlichen Sammlungen und Museen entfernt, zerstört oder mit etwas Glück versteckt.

Stilpluralismus

Etwa 350 solcher Bilder hat Heinz Böhme inzwischen in seiner Sammlung. Im Vordergrund stehen dabei nicht bestimmte Stilrichtungen, sondern die Biografien der Künstler und Künstlerinnen. Der Stilpluralismus ergibt sich aus den wichtigsten Strömungen der Weimarer Republik: Spätimpressionismus, Kubismus, Expressionismus, Dada, Surrealismus und Neue Sachlichkeit.

Probleme mit der Provenienz der Bilder hat Böhme nicht. Jedes Bild sei umfangreich recherchiert worden. Im Zweifel werde die Datei der Forschungsstelle "Entartete Kunst" der FU Berlin zurate gezogen.

Die Sammlung Böhme kommt ohne öffentliche Förderung aus. Um den Fortbestand seiner Sammlung zu gewährleisten, hat Böhme inzwischen eine gemeinnützige Privatstiftung gegründet.

Schüler von Max

Pünktlich zu den 100. Salzburger Festspielen präsentiert das Museum Kunst der verlorenen Generation nun seine dritte Ausstellung. Titel: Zur falschen Zeit am falschen Ort. Wie schon die ersten beiden Ausstellungen – Wir haben uns lange nicht gesehen und Wir haben euch nicht vergessen! – ein auf die Lebensgeschichten der Maler und Malerinnen gemünzter programmatischer Titel.

Unter den rund 60 Exponaten der Schau finden sich neben dem Schüler von Max Beckmann, Hein Steiauf, auch eine Grafik der Bauhaus-Künstlerin Marianne Brandt oder ein von Fritz Heinsheimer gemaltes Porträt von Bertolt Brecht.

Das Bild Musiker im Stalag von Jean Paul Gazier erzählt indirekt die Geschichte des größten NS-Verbrechens auf Salzburger Boden. Dargestellt wird ein Häftling des berüchtigten Stalag XVII C (317) in St. Johann im Pongau. Hier hatte die Wehrmacht mehr als 3800 Menschen ermordet.

Zwischenbilanz

Eine Art Zwischenbilanz seiner Sammlungstätigkeit legt Heinz Böhme mit einem diesen Sommer im Verlag Hirmer erschienenen ersten Sammlungskatalog vor. Wie bei den Ausstellungen so stehen auch im Katalog die Biografien der Maler und Malerinnen im Zentrum. Insgesamt 86 Künstler und Künstlerinnen der verlorenen Generation sind in dem aufwendig gestalteten Katalog zu finden. (Thomas Neuhold, 8.8.2020)