Es ist nicht das erste Jahr, in dem von einem regelrechten Boom bei E-Bikes die Rede ist. Etwa 150.000 Stück brachte der Handel vor zwei Jahren unter die Leute. Im Vorjahr dürften es 170.000 geworden sein. Heuer deutet vieles darauf hin, dass sich Sportbegeisterte noch mehr Stromer auf zwei Rädern anschaffen. "Wir haben in den ersten Wochen nach dem Shutdown mehr E-Bikes verkauft als im gesamten Vorjahr", sagte Stefan Limbrunner, Chef der größten österreichischen Fahrradschmiede KTM, jüngst dem STANDARD.

E-Mobilität als treibende Kraft

Seit gut zehn Jahren ist eine relevante Zahl der Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor auf dem Markt. Zu den Bikes kommen E-Motorräder und E-Scooter. Experten gehen davon aus, dass in vier, fünf Jahren die Zahl der e-getriebenen Akkus jene aus Rasenmähern, Akkuschraubern und ähnlicher Gerätschaft übersteigen wird. Doch wie gut ist man für Entsorgung und Recycling der gebrauchten Lithium-Ionen-Akkus gerüstet?

Mit Hilfsmotor lassen sich auch Berge ohne größere Schweißausbrüche erklimmen.
Foto: EPA / Laurent Gillieron

Gut, findet Thomas Maier, Geschäftsführer der ARA-Tochter Elektro Recycling Austria (ERA), Recyclingspezialist für Elektroaltgeräte und Batterien. Noch sei der Rücklauf an Lithium-Ionen-Batterien, wie sie in E-Bikes verwendet werden, aber relativ gering, sagt Maier. Messbare Mengen bekäme man derzeit nur von Herstellern wie KTM zurück. Das hätte mit ihrer vergleichsweise langen Lebensdauer zu tun. Ein guter Fahrradakku halte 2.000 Vollladezyklen, ein schlechter immer noch 1.000. Viele der Akkus dürften noch in Gebrauch sein, folgert Maier.

Lange Lebensdauer

Bei einer durchschnittlichen Kilometerzahl von rund 3.000, die der Österreicher im Schnitt per Fahrrad zurücklegt, sind vermutlich tatsächlich viele Akkus noch im Einsatz. Von fünf bis sechs Jahren Lebensdauer und rund 50.000 Kilometern Laufleistung gehen die meisten aus. Wie viele es tatsächlich sind, ist gar nicht so einfach festzustellen.

Die Batterieverordnung schreibt ganz grundsätzlich eine Sammelquote vor, die auch erfüllt wird. 45 Prozent aller in den Verkehr gebrachten Batterien müssen zurückkommen. Der Verband der Österreichischem Entsorgungsbetriebe (Voeb) forderte im Februar, die Sammelquote auf mindestens 75 Prozent zu erhöhen. Denn auch wenn die Quote steigt, sei sie noch niedrig.

Was die Lithium-Ionen-Batterien betrifft, so sind Anfang 2019 sechs Prozent im Recycling gelandet, 30 Prozent – bezogen auf die Gesamtinverkehrssetzung von Gerätebatterien – kamen in Umlauf. Die Tendenz steigt: Ende 2019 landeten mit 6,5 Prozent etwas mehr im Recycling, der Anteil an den Gerätebatterien stieg zuletzt auf 40 Prozent. Bei befugten Entsorgern wie etwa Saubermacher landen die Batterien dann. Die Steirer haben für das Recycling von Lithium-Ionen-Akkus 2018 eine Anlage in Bremerhaven eröffnet, ein Gutteil der Rohstoffe Kobalt, Nickel, Mangan und Lithium wird dort recycelt.

Arbeit am E-Bike bei Giant, einem der größten Hersteller weltweit.
Foto: AFP/SAM YEH

Wie viele E-Bike-Batterien unter den gesammelten Akkus sind, weiß man nicht. Eine Menge hat man bei der ERA noch nicht erfasst. Wo landen sie und all die anderen ausgedienten Akkus, die in Handys ebenso verbaut sind wie im Stabmixer?

Der Entsorgerverband Voeb hat erfragt, dass viele Konsumenten gar nicht wissen, dass Batterien auch wertvolle Rohstoffe enthalten, dass sie getrennt entsorgt werden müssen – und das aus gutem Grund. "Wer insbesondere Lithiumbatterien irrtümlicherweise in den Restmüll schmeißt, kann gefährliche Brände auslösen", warnte der vormalige Voeb-Präsident Hans Roth mantraartig. Derzeit landen mehr als 1,4 Millionen Lithiumbatterien jährlich im Restmüll. E-Bike-Akkus dürften dazugehören. Dabei hat sich der Gesetzgeber schon einiges überlegt. 2018 wurde die Fahrradbatterie zur Haushaltsbatterie erklärt. Der Konsument kann sie seither auch bei Altstoffsammelstellen, etwa bei der MA 48 in Wien oder den Sammelstellen der Gemeinden, gratis abgeben. Auch weil man davon ausgeht, dass sie dort fachgerecht – mit abgeklebten Polen in speziellen Behältern mit Druckluftventil – gelagert werden. In Wien wurden im Vorjahr 169 abgegeben, nach 132 im Jahr 2018.

Zurücknehmen muss die Akkus auch der Handel. Theorie und Praxis scheinen aber hier weit auseinanderzugehen, wie ein Rundruf nahelegt. Bei der Cooperative Fahrrad in Wien bestätigt man den deutlichen Trend zu E-Fahrrädern, Batterien würde man aber nicht zurückbekommen. "Ich weiß gar nicht, ob wir die zurücknehmen müssen. Müssen wir?", fragt sich ein Verkäufer.

Beim Neukauf retour

Beim Sporthändler Hervis weiß man Bescheid. "Kunden geben beim Neukauf ihren alten E-Bike-Akku auch bei Hervis retour", heißt es. Eine Stückzahl will man nicht nennen. Auch beim Wiener Fachhändler Starbike kamen noch nie Akkus zurück. Sicher deswegen, weil in Wien weniger E-Bikes zum Einsatz kämen, schätzt ein Verkäufer. "Wer will schon sein E-Bike in den vierten Stock schleppen? Das ist eher ein Thema auf dem Land." Gut möglich, dass das stimmt. Große Freude mit Altakkus scheint man auch hier nicht zu haben. Bei Intersport im Vorarlberger Schruns schickt man jene, die mit einem Fahrradakku kommen, auf den Bauhof. "Privatkunden kostet das nichts", heißt es. Einer Firma müsse man den Sondertransport bezahlen. "Wir nehmen die Akkus nicht zurück. Wir dürfen das gar nicht. Das ist ja Gefahrengut", lautet die Auskunft bei Intersport im Innsbrucker Kaufhaus Tyrol.

Rechtlich ist die Sache tricky, die vor 15 Jahren konzipierte Verordnung nicht mehr ganz zeitgemäß: Formal wird eine E-Bike-Batterie nicht anders behandelt als eine 1,5-V-AA-Batterie. Im Abfallwirtschaftsgesetz gibt es eine nicht ganz eindeutige Zumutbarkeitsbestimmung. Einer Kette wie Billa wäre es wohl nicht zumutbar, große Batterien zurückzunehmen, obwohl sie nur kleine verkauft. Wenn ein Diskonter oder ein Fachhändler E-Bikes verkauft, ist die Sache eindeutiger: Der Konsument hat das Recht, eine Batterie zurückzubringen, auch wenn er keine neue kauft. Sogar das ganze E-Bike darf er mitbringen, aber nur, wenn er ein neues kauft. (Regina Bruckner, 10.8.2020)

Anmerkung: Durchschnittlich rund 3.000 Kilometer legt der Österreicher im Schnitt per Fahrrad – nicht per pedes zurück. Viele der Leser und Leserinnen haben das ganz richtig erkannt und darüber diskutiert, wir haben das korrigiert.