Lässig.

Foto: EPA /MAURIZIO DEGL'INNOCENTI

No Pirlo, no party! Das geflügelte Wort klingt über die Grenzen Italiens und des Fußballs hinaus. Besungen wird die Ausnahmestellung des Andrea Pirlo. Der 41-jährige Lombarde, dessen Kickerkarriere 1994 in Brescia begann und 2017 in New York zu Ende ging, ist schließlich eine Ikone, nicht nur in sportlicher Hinsicht.

Jetzt ist er auch Cheftrainer von Juventus Turin, das passt dazu. Italiens Serienmeister war zuvor im Achtelfinale der Champions League überraschend an Olympique Lyon gescheitert. Und schon war Pirlo der Nachfolger von Maurizio Sarri, obwohl er über genau gar keine Trainererfahrung verfügt. Vor seinem Engagement hatte er eine ganze Woche lang das U23-Team von Juve betreut. Nebenbei kümmerte er sich um sein Weingut in Flero in der Lombardei, wo er herstammt, und natürlich auch um seine vier Kinder. Zwei nun schon jugendliche entstammen einer nach 13 Jahren geschiedenen Ehe, mit seiner jetzigen Lebensgefährtin hat er zweijährige Zwillinge.

"Der mit seinen Füßen spricht"

Nun ist Pirlo vorerst bis 2022 als Headcoach mit der "Alten Dame" verbandelt, die endlich wieder auch auf der internationalen Bühne groß erscheinen will. Der neunte Meistertitel in Folge tröstet nur schwach für das Scheitern in Europa – es ist fast 25 Jahre her, dass Juve die Champions League gewann (1996).

Der "Architekt", so wurde Pirlo von seinen Mitspielern genannt, Weltmeistercoach Marcello Lippi hieß ihn einen "stillen Anführer, der mit seinen Füßen spricht". Die WM 2006 hatte Italien ein Sommermärchen von bleibendem Wert beschert. Pirlo, auf dem Höhepunkt seines Schaffens, war "Man of the Match" im Halbfinale gegen Gastgeber Deutschland wie im Finale gegen Frankreich. Ebenfalls in Erinnerung sind die Bilder der lässigen, stets gut gekleideten italienischen Kicker, unter denen Pirlo der allerlässigste war.

Einleiten, assistieren auflegen

In 116 Länderspielen hat Pirlo 13 Tore erzielt. Der Mann hat den Abschluss selten gesucht, er hat ihn fast gemieden! Er wollte einleiten, assistieren, auflegen. Sei es im Team, sei es beim AC Milan, wo er zwei Meistertitel und zweimal die Champions League gewann, sei es bei Juve (vier Meistertitel). Es ist ihm nie darum gegangen, im Mittelpunkt zu stehen. Er war der Mittelpunkt. "Ich denke, also spiele ich", lautet der Titel von Pirlos Biografie. Gut möglich, dass sie nach Erfolgen des Jungtrainers bald ergänzt werden muss. (Fritz Neumann, 9.8.2020)