Die Dascht-e Lut ist eine Salzwüste, die sich über die iranischen Provinzen Kerman, Sistan und Baluchestan erstreckt. Mit 51.800 Quadratkilometern rangiert sie auf Platz 25 der größten Wüsten der Erde. Was die Dasht-e Lut so besonders macht, sind die Ergebnisse von Messungen, die der MODIS-Sensor des Nasa-Satelliten Aqua zwischen 2003–2010 vorgenommen hat. Dabei stellte man nämlich im Bereich des Plateaus Gandom Beryan Oberflächentemperaturen von bis zu 80,8 Grad Celsius fest. Damit besaß der Ort zumindest in diesem Zeitraum die heißeste Erdoberfläche unseres Planeten. Die enorme Hitze ist unter anderem auf sehr dunkles Lavageröll zurückzuführen, das sich besonders stark aufheizt.

Expedition in die Gluthölle

Die Dasht-e Lut liegt im Südwesten Irans zwischen dem 33° und 28° Breitengrad. Die täglichen Durchschnittstemperaturen schwanken zwischen -2,6 Grad Celsius im Winter und 50,4 Grad Celsius im Sommer und der durchschnittliche Niederschlag beträgt nur 30 Millimeter pro Jahr. Dass in diesen sonnenverbrannten Gefilden höheres Leben gedeiht, das man ansonsten in Gewässern erwarten würde, lässt sich kaum vorstellen – und doch entdeckte man dort bei einer Forschungsexpedition, an der auch Martin Schwendtner vom Naturhistorischen Museum (NHM) beteiligt war, eine bisher unbekannte Spezies von Kiemenfußkrebsen.

Kaum zu glauben, aber selbst in einer solchen Wüste kann Wassergetier gedeihen.
Foto: R. Rajaei

Trotz der nur spärlichen Vegetation gibt es in der Wüste Lut zwar eine diverse Fauna, Gewässer sind jedoch sehr selten. Außer dem ganzjährig wasserführenden Rud-e Shur, einem Fluss mit extrem hohem Salzgehalt, gibt es keine permanente Wasserquelle. Nach stärkeren Regenfällen können sich aber vereinzelt temporäre Gewässer bilden. Dieses Glück hatten die Forscher bei ihrer Expedition im Jahr 2017. Und obwohl aquatisches Leben am heißesten Punkt der Erde kaum vorhanden ist, fing das Team um Hossein Rajaei vom Naturkundemuseum in Stuttgart in einem kleinen, temporären See im Süden der Wüste mehrere Exemplare sogenannter Feenkrebse.

Urzeitkrebse aus Dauereiern

Die kaum über einen Zentimeter großen Krebse sind auch als "Urzeitkrebse" bekannt und vermehren sich mit Hilfe von sogenannten Dauereiern. "Diese Dauereier sind auch von anderen Arten bekannt und man weiß, dass sie Jahrzehnte im ausgetrockneten Boden überleben können. Die Larven schlüpfen, sobald sich die Gewässer nach Regenfällen wieder füllen. Sie sind somit bestens an das Leben in Wüsten angepasst. Dass sie auch in der Wüste Lut überleben können, zeigt noch mal wie widerstandsfähig diese Dauereier sind", berichtet Schwentner, der bereits an ähnlichen Krebsen aus den australischen Wüsten gearbeitet hat.

Die neue Krebsart Phallocryptus fahimii hat nicht viel Zeit für die Fortpflanzung, denn die Tümpel nach den seltenen Regengüssen, verschwinden schnell wieder.
Foto: SMNS / Pallmann

"Bei einer Expedition in einen so extremen Lebensraum wie die Wüste Lut sind die Antennen überall – besonders, wenn man auf Wasser trifft. Die Entdeckung der Krebstiere in der sonst sehr heißen und trockenen Umgebung war für uns Wissenschafter wirklich eine Sensation", sagt Rajaei, der eigentlich Schmetterlingsexperte ist. Die in der Wüste Lut entdeckte und nun im Fachmagazin "Zoology of the Middle East" beschriebene Art Phallocryptus fahimii gehört zur Gattung Phallocryptus von der bisher vier andere Arten bekannt waren.

Nach verunglücktem Forscher benannt

Phallocryptus fahimii unterscheidet sich sowohl in ihrem Aussehen wie auch genetisch von den bisher bekannten Arten. Benannt wurde die Art nach dem iranischen Biologen und Umweltschützer Hadi Fahimi. Hadi Fahimi war ein Teilnehmer der 2017er Expedition in die Wüste Lut und kam tragischerweise beim Absturz des Fluges 3704 am 18.02.2018 ums Leben. (red, 10.8.2020)