Jimmy Lai stand lange auf Pekings Abschussliste.

Foto: Anthony WALLACE / AFP

Dass er einen oberen Platz auf Pekings Abschussliste besetzt, hat Jimmy Lai immer gewusst. Denn mit Kritik an der Kommunistischen Partei Chinas hat der Hongkonger Verleger nie gespart. "Monopolisten, die für ihren miesen Service eine hohe Gebühr verlangen", nannte er die KP einmal.

Vor allem aber hatte Lai die Mittel, seiner Meinung – und der von tausenden kritischen Hongkongern – Ausdruck zu verleihen. Die von ihm 1995 gegründete Zeitung Apple Daily gilt mit einer Auflage von 400.000 als wichtiges Sprachrohr der Demokratiebewegung. Am Sonntagabend nun stürmten rund 200 Polizisten die Redaktionsräume und nahmen Lai, einen seiner Söhne und sieben weitere Männer fest.

Es ist dies ein trauriger Meilenstein im bewegten Leben des Selfmademillionärs. Lai wurde 1948 in Guangzhou unter dem Namen Lai Chee-Ying geboren. Wie Hunderttausende andere zu dieser Zeit floh seine Familie 1960 vor Hunger und Unterdrückung durch die Kommunisten nach Hongkong.

Vom Kinderarbeiter zum Fabrikleiter

Bereits als Zwölfjähriger arbeitete Lai in einer Textilfabrik – für acht Dollar im Monat. Innerhalb von 15 Jahren brachte es Lai zum Fabrikleiter. Seinen Jahresbonus investierte er in Aktien, und mit dem Gewinn daraus kaufte er später seine erste Fabrik. 1981 gründete er die in Asien beliebte Modekette Giordano.

Politisch aktiv wurde Lai nach der blutigen Niederschlagung der Studentenproteste auf dem Tian’anmen-Platz in Peking 1989. Maßgeblich beeinflusst in seinem Denken habe ihn die Lektüre von Der Weg zur Knechtschaft von Friedrich Hayek.

Es ist nicht das erste Mal, dass der kritische Medientycoon festgenommen wurde: Zuletzt war Lai wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz im vergangenen April inhaftiert worden. Auch wurden auf sein Anwesen immer wieder Anschläge verübt, er selbst wurde mehrfach bedroht.

Der Grund für die Festnahme des heute 71-jährigen Unternehmers ist ein Passus des Anfang Juli verabschiedeten "Nationalen Sicherheitsgesetzes", mit dem Peking die Autonomie der südchinesischen Sonderverwaltungszone beendet hat. Lai, so heißt es, habe "geheime Absprachen mit dem Ausland getroffen".

Lais Festnahme kommt, kurz nachdem Washington am Freitag verkündet hatte, Einreisesperren über zahlreiche Hongkonger Politiker, darunter Regierungschefin Carrie Lam, zu verhängen. (Philipp Mattheis, 10.8.2020)