Seit 26 Jahren im Amt: Alexander Lukaschenko.

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Minsk – Ein schwieriger Charakter war Alexander Lukaschenko wohl schon immer. In Kindertagen war der heute 65-jährige Sohn einer Melkerin wegen diverser Delikte bei der örtlichen Miliz registriert. Immerhin gelang ihm später nach dem Dienst bei den Grenztruppen des KGB trotzdem eine sowjetische Partei- und Kaderkarriere. Vom Politoffizier in einer Panzerkompanie zum stellvertretenden Direktor eines Baukombinats und später Direktor eines sowjetischen Landwirtschaftsbetriebs – kurz Sowchose.

In dieser Position ließ er sich in Perestroika-Zeiten zum Abgeordneten des belarussischen Parlaments wählen und stimmte eigenen Angaben nach als einziger Deputierter gegen das Abkommen von Beloweschsk, das den Zerfall der Sowjetunion manifestierte.

Mit den Wahlversprechen, die Verarmung der Bevölkerung zu stoppen, die Korruption auszurotten und die Integration auf dem postsowjetischen Gebiet wieder in Gang zu bringen, wurde er 1994 Präsident.

Wie auch Wladimir Putin bezeichnete er einmal den Zusammenbruch der Sowjetunion als "die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts". Immer wieder versuchte er, im Kreml mit seiner Sowjetnostalgie zu punkten, zugleich verwahrte er sich stets gegen Moskauer Pläne einer Wiedervereinigung beider Länder. Lukaschenko begriff schnell, dass er in solch einem Konstrukt nicht viel mehr als ein Provinzgouverneur wäre.

Eigener Weg

Darum existiert der seit den 90er-Jahren deklarierte "Unionsstaat" zwischen Russland und Belarus (Weißrussland) bis heute mehr auf dem Papier als in der Realität. Mit größerer Integration verbindet Lukaschenko vor allem die Forderung nach Binnenmarktpreisen für russisches Öl und Gas. Die Aufgabe politischer Kompetenzen aber versucht er stets zu umschiffen. Erfolgreich wehrte er sich auch gegen Avancen, russische Außenpolitik abzusegnen. So hat Belarus weder die von Moskau annoncierte Unabhängigkeit Abchasiens oder Nordossetiens noch die Zugehörigkeit der Krim zu Russland offiziell anerkannt.

Immer wieder kommt es daher zu Zerwürfnissen im bilateralen Verhältnis. Mehrere Fleisch-, Milch- und Gaskriege hat Lukaschenko mit seinem Nachbarn ausgefochten. Dabei macht er sich die Schaukelpolitik zunutze. Um Zugeständnisse im Osten zu erzwingen, liebäugelt er mit einer Annäherung an den Westen. Mit Erfolg: Im März war sogar US-Außenminister Mike Pompeo zur Aufwertung Lukaschenkos in Minsk zu Besuch. (André Ballin, 10.8.2020)