Als Olaf Scholz vor knapp einem Jahr Vorsitzender der deutschen Sozialdemokraten werden wollte – und er absolut sicher war, es auch wirklich zu werden –, da erklärte er der sehr an ihm zweifelnden Basis seiner Partei: Er sei ein "truly Sozialdemokrat", ein echter Genosse also. Der Spruch war ein Renner – allerdings nur in den Medien, nicht bei den Parteifreunden. Die SPD wollte in der existenziellsten Bedrohung in ihrer an Bedrohungen reichen 158-jährigen Geschichte lieber nicht vom selbstbewussten Vizekanzler der Bundesregierung angeführt werden. Wobei es weniger um Führung ging: Eher ging es um Rettung.

Olaf Scholz ist als SPD-Kanzlerkandidat nominiert.
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Das hat sich acht Monate später nicht geändert. Egal, was die SPD tut – und sie macht in der großen Koalition durchaus viel, auch Gutes, auch und gerade für ihre einstigen Stammwähler: Denen ist das egal. Sie nehmen die Grundrente und wählen irgendjemanden. Genau das soll Scholz nun ändern? Was für eine Idee! Die Republik soll dem Mann vertrauen, gegen den die eigene Partei tiefen Argwohn hegt? Es gab Zeiten, da hätte man das ein Himmelfahrtskommando genannt.

Doch das muss die SPD riskieren. Denn die Wahrheit ist: Scholz ist konkurrenzlos für diesen Job. Keiner außer ihm traut sich zu, das Kanzleramts-Abo der Union zu beenden. Oder er tut wenigstens so. Dabei sind die Chancen so gut wie schon lange nicht, weil auch die CDU in der Krise steckt – sie schaut dabei nur nicht so traurig aus. Und das Publikum nimmt es ihr nicht so übel. Das ist Pech. Wie fast immer für die SPD. (Cornelie Barthelme, 10.8.2020)