Ein Bild, das wohl der Vergangenheit angehört. Weder beim Black Friday noch beim Weihnachtsshopping werden die US-Läden heuer so gestürmt werden können.

Foto: David Dee Delgado

Auch in den USA gehen die Sommerferien nun zu Ende. Traditionellerweise ist das "Back to school"-Geschäft für den Handel ein Großereignis – weil vom Bleistift bis zum Laptop vieles neu angeschafft wird. Im Durchschnitt werden zum Schulstart 696 US-Dollar ausgegeben. Damit ist – nach Weihnachten mit 1047 US-Dollar – das Schulgeschäft für den US-Handel das zweitwichtigste Ereignis.

Zum Schulstart kommt oft auch der Umzug ins College. Dafür wird von der Zahnbürste bis zum Kopfpolster gerne Innendeko gekauft. 976 US-Dollar werden dafür im Schnitt ausgegeben. In Summe also eine lukrative Zeit für den Handel.

Wie aber sieht die Kauflaune der Amerikaner aktuell aus? Das Land wird von Neuinfektionen geplagt, der Jobmarkt ist von der Corona-Krise gebeutelt. Im Juli wurden zwar 1,76 Millionen Stellen außerhalb der Landwirtschaft geschaffen. Der Jobaufbau flachte sich damit aber spürbar ab. Im Mai und Juni wurden noch insgesamt 7,5 Millionen Jobs geschaffen.

Die National Retail Federation erwartet trotz Pandemie einen neuen Rekord beim Schul- und Collegegeschäft. Geschätzt wird, dass 101,6 Milliarden US-Dollar ausgegeben werden. Damit würden nicht nur die 80,7 Mrd. US-Dollar aus dem Vorjahr weit übertroffen, es würde zum ersten Mal auch die Marke von 100 Mrd. Dollar überschritten werden.

Schub Richtung Tech

"Corona hat auch im Handel die Karten völlig neu gemischt", erklärt Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin im Private Banking der Bank Austria. Erwartet wird nämlich ein Schub in Richtung Tech-Ausgaben, was zulasten anderer Sektoren – wie etwa der Bekleidungsindustrie – gehen wird. Im Home-Learning habe sich gezeigt, dass Computer samt Zubehör wichtiger geworden sind. Und auch in den USA wird weiterhin davon ausgegangen, dass die Schulstunden für einige Klassen wohl online stattfinden müssen werden. Eine Umfrage von Deloitte unter 1200 Eltern hat gezeigt, wie sich die Ausgaben verschieben: Für den Bereich Bekleidung wird heuer um 18 Prozent weniger ausgegeben, die Technikausgaben werden um 28 Prozent zunehmen.

Die Kundenfrequenz in den Läden ist jedoch stark rückläufig. Was geht, wird online bestellt. Das wird zu einer weiteren Umstellung im Handel führen. Einzelhändler wie Target oder Bed Bath & Beyond haben die Schul-Start-Saison zu einem wichtigen Umsatztreiber gemacht. Die Geschäfte boten sogar Einkaufslisten an, die oft auf die örtlichen Hochschulen zugeschnitten waren. Einige boten bereits den Service, dass Kunden in einem Geschäft in der Nähe ihres Wohnorts einkaufen, aber die Ware an einem Ort in der Nähe des Campus abholen konnte. Diese Services werden wohl zunehmen.

Die Frage wird aber sein, welche Wege der Handel wird einschlagen müssen. Denn mit dem Black Friday (der am Tag nach Thanksgiving stattfindet und im Übrigen so heißt, weil der Einzelhandel zu dieser Zeit traditionell in die schwarzen Zahlen kommt) und dem Weihnachtsgeschäft steht der Handel vor weiteren Herausforderungen.

Neue Wege

Die Bilder, auf denen Kunden ab Mitternacht vor den Geschäften Schlange stehen oder hysterisch ins Geschäft laufen, wenn die Türen geöffnet werden, wird es heuer kaum geben. "Heuer werden Sicherheitsvorkehrungen eine wichtige Rolle spielen", sagt Rosen-Philipp. Bilder von überfüllten Geschäften wolle wohl jeder Retailer vermeiden – ebenso wie keiner zum Corona-Cluster werden wolle. Auch eine mögliche limitierte Kundenanzahl oder das Tragen von Masken wird den Einzelhandel und besonders Einkaufszentren in der Shopping-Hochsaison vor Schwierigkeiten stellen.

"Das Weihnachtsgeschäft wird heuer daher wohl früher starten als bisher", erwartet Rosen-Philipp. Damit sichergestellt werden könne, dass auch mit einem Kundenlimit genügend Kapazitäten zum Shopping geschaffen werden, und auch damit die Onlinebestellungen pünktlich geliefert werden können.

Das US-BIP hängt zu rund 70 Prozent vom Konsum ab. Die Amerikaner lassen sich ihre Shopping-Laune aber nicht so leicht verderben. Eines der stärksten Weihnachtsgeschäfte gab es 2001 nach den Anschlägen von 9/11 – im Zuge des damals einsetzenden Cocoonings wurde oft das Zuhause verschönert. Nur während der Finanzkrise 2008 war das Weihnachtsgeschäft rückläufig. (Bettina Pfluger, 11.8.2020)