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Das Format war für Werner Kogler ungewohnt: Er absolvierte am Montagabend sein erstes ORF-"Sommergespräch". Inhaltlich erwarteten den Grünen-Chef und Vizekanzler allerdings keine Überraschungen – so fand er sich zu Beginn dieses Interviews in der Position, die grüne Regierungskoalition mit der ÖVP zu verteidigen.

Es gebe "kein Politikfeld, wo sich die Zeiten nicht zum Besseren wenden", behauptete Kogler, angesprochen auf die vielen Kompromisse, die seine Partei im Regierungsübereinkommen eingehen musste. Solange es politisch in die richtige Richtung gehe und die Alternativen nicht besser seien, sei so eine Koalition legitim, argumentierte er. Die Bevölkerung würde Türkis-Grün großteils unterstützen: "Es ist überall ein großer Zuspruch, glauben Sie mir das."

Zuversichtlich gab sich der Vizekanzler auch bei Themen, die den Grünen ein Anliegen sind, bei denen sie sich von der Kanzlerpartei aber schon ein Nein geholt haben – etwa Asyl und Lehre. Die ÖVP achte ja bekanntermaßen sehr auf Umfragen, baute Kogler einen Seitenhieb ein – und die würden für die grüne Lösung sprechen, Asylwerber nach absolvierter Lehre nicht abzuschieben.

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Auch bei der Streitfrage, ob Österreich Flüchtlinge von den überfüllten Lagern auf griechischen Inseln übernehmen soll, zeigte sich Kogler optimistisch: "Da werden wir noch sehen, wie das ausgeht."

VfGH-Rügen "wichtig"

Den Gesetzespfusch bei den Corona-Einschränkungen sieht der Vizekanzler nicht so dramatisch – der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat ja zentrale Regelungen als verfassungswidrig aufgehoben. "Im Nachhinein stellt sich heraus, dass wir das sehr gut hinbekommen haben", verwies Kogler auf vergleichsweise niedrige Infektionszahlen. Die Erkenntnisse des VfGH spielten aber "eine wichtige Rolle für die weitere Arbeit", und "natürlich wär's besser, wenn die Verordnungen mit den Gesetzen übereingestimmt hätten" – von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) habe es dafür allerdings auch ein "Sorry" gegeben.

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Türkiser Slogan

Auch in der Wirtschaftspolitik bemühte sich Kogler um Optimismus angesichts der Krise: "Es kann gelingen, dass wir in der österreichischen Wirtschaft hier ganz gut wieder rauskommen in den nächsten Jahren." Dafür müsse aber die Politik die richtige Stimmung schaffen.

Ganz zum Schluss zeigte der Vizekanzler noch einmal, wie kompatibel er mit seinem Koalitionspartner ist – und zitierte mit "Die Veränderung hat begonnen" sogar einen ÖVP-Slogan. (Sebastian Fellner, 10.8.2020)