Der Schriftsteller, Halter und Senner Bodo Hell lebt im Sommer auf der Grafenbergalm. Uns hat er bei einem Almbesuch erzählt, wie er von den Bauern aus der Ramsau nach 42 Jahren eine neue Hütte bekommen hat.

"Zuerst einmal danke, dass du mir ein Brot und das Olivenöl mitgebracht hast. Ich komm ja nicht so oft ins Tal hinunter, da ist es schon gut, wenn der Besuch etwas mitbringt. Wir können dann einen Käse essen, jetzt wo wir wieder Brot und Olivenöl haben. Magst du eh einen wilden Oregano dazu? Ich hab gerade einen. Und einen Meisterwurz gebe ich dir auch noch mit. Aber zuerst machen wir einmal unser Gespräch.

Also wir haben hier eine frisch verschindelte Hütte, handgemachte Lärchenschindel und innen Vollholz-Zirbe, alles perfekt. Wir haben hier zwei Türen – Moment! Bei der einen gehen schon die Hendl hinein, die dürfen da aber nicht wohnen, auch nicht wenn sie sich vorher putzen – die eine Tür ist die Halterwohnung, die andere ist für die Bauern und Jäger. Es ist hier eine Eigenjagd."

Die Küche: für Bodo Hell Wohnraum und Käserei für den legendären Ziegenkäse in einem.
Foto: Thomas Neuhold

"Die Bauern kommen zum Jagen oder wenn sie es unten im Tal nicht mehr aushalten, wenn ihnen alles zu viel wird. Jetzt im Sommer, überhaupt zu Corona-Zeiten, ist ja alles voll mit lauter schönen Menschen, die es sich gutgehen lassen. Ich war unten in der Ramsau: lauter schöne Menschen. Die Arbeit hängt dabei an den Frauen, die kommen so gut wie nie auf die Alm herauf.

Das Abteil für die Bauern ist größer, das Hüterabteil ist kleiner. Bei der Planung durch den Zimmermann hat leider der Gedanke des Käsens keine Rolle gespielt. Die Bauern der Genossenschaft haben auch gesagt: Wer weiß, ob dein Nachfolger auch wieder Käse macht. Dass ein Raum zum Käsen fehlt, macht aber nichts, ich kann in der Küche so weitermachen wie vorher.

Die neue Hütte, der Rohbau, ist in sechs Stunden aufgestellt worden. Alles ist vorbereitet ausgeschnitten worden und unten auf der Forststraße abgelagert worden. Dort hat der Hubschrauber die Teile geholt, es waren immer nur drei Flugminuten. Da haben die Leute wie im Ballett gearbeitet, die Zimmerer, die Flughelfer und die Bauern. Insgesamt sind dann aber zwölf Flugstunden zusammengekommen. Für den schweren Herd haben wir einen extragroßen Hubschrauber gebraucht. Die Bauern haben rund 1000 Eigenstunden gearbeitet. Da passieren dann aber natürlich ein paar kleine Fehler wie der falsch angeschlagene Herd. Das gebogene Ofenrohr hat einen Vorteil, es wird wärmer, aber der Ofen zieht schlechter."

Hier hat
ein einfaches Doppelbett im nun vergrößerten Oberstock fast etwas Mondänes.
Foto: Thomas Neuhold

"Die ganze Hütte ruht auf Betonsäulen und darüber die Lärchentram, damit der eigentliche Grund für den Hüttenneubau nicht wiederkommt. Wir hatten einen Hausschwamm in der alten Hütte drinnen. Der hat wirklich den Boden zerfressen.

In der neuen Hütte sind auch die Fenster super, die sind dicht. Ich muss jetzt plötzlich lüften, früher habe ich die Ritzen immer mit Moos abgedichtet. Jetzt habe ich auch einen Oberstock, in dem ich jetzt stehen kann. Ein großer Vorteil! Früher ist man nur jeden Abend müde oben hineingekrochen. Das Beste ist aber die Aussicht. Ich seh von heroben aus dem Schlafzimmer über das Stallgebäude hinweg direkt auf die Weiden, auf das Hüttfeld, wo die Tiere sind. Dusche gibt es aber keine, wir haben ja die Grauwasserproblematik, wir bringen das Abwasser nicht weg. Die Toilette ist ein Humusklo, Sägescharten kommen dazu, dann graben wir es ein."

Das Leben auf fast 1800 Meter Seehöhe bleibt karg.
Foto: Thomas Neuhold

"Mit mir leben auch noch drei Hendln hier heroben. Die werden zu Sommerbeginn heraufgetragen und dann wieder hinuntergetragen. Die legen jeden Tag. Was nächstes Jahr interessant wäre, habe ich mir gedacht, wenn ich ein Schweindl hätte. Es bleibt ja viel Molke über. Es müsste aber ein Mangalitza-Schwein sein, das gewöhnliche Hausschwein bekommt hier heroben einen Sonnenbrand. Man müsste es herauftragen, und irgendwer – ich nicht – müsste es dann schlachten. Weil ein Schwein hinuntertreiben ist fast unmöglich, sagen alle, die das einmal versucht haben. Da bist du einen Tag beschäftigt, die Sau ist fertig, und du bist fertig." (PROTOKOLL: Thomas Neuhold, 17.8.2020)

Die Grafenbergalm im steirischen Dachsteingebiet ist ein Schmuckstück geworden.
Foto: Thomas Neuhold