Wien – Mit dem Trainingsstart der Wiener Austria ist auch ein bekanntes Gesicht in die Generali-Arena zurückgekehrt. Nach fünf Jahren in Deutschland und England unterschrieb der 33-jährige Linksverteidiger Markus Suttner einen Zweijahresvertrag bei den Violetten. Seinen ersten Einsatz hatte er bei der 2:11-Testspielniederlage gegen Borussia Dortmund am Sonntag.

STANDARD: Sie haben vor zwei Monaten mit Düsseldorf 0:1 gegen Dortmund verloren, am Sonntag im ersten Testspiel mit der Austria 2:11. Ist das der Unterschied zwischen deutscher und österreichischer Bundesliga?

Suttner: Dass der Unterschied groß ist, war im Vorhinein klar. Wir sind zudem in der ersten Woche der Vorbereitung, sie schon weiter. Dortmund ist Weltklasse, das haben wir zu spüren bekommen.

STANDARD: Sie haben schon Schlimmeres erlebt, zum Beispiel zwei Abstiege in der deutschen Bundesliga, zuletzt mit Düsseldorf. Nimmt man sich das als Profi zu Herzen?

Suttner: Ja, natürlich. So wollte ich mich nicht verabschieden. Ich denke an die Mitarbeiter. Ich war immer mit den Leuten rund um die Mannschaft in Kontakt. Ein Abstieg geht mit Gehaltseinbußen oder dem Verlust von Arbeitsplätzen einher. Das ist extrem bitter.

Das letzte Match mit Düsseldorf brachte den Abstieg.
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STANDARD: Jetzt ziehen Sie weiter zur Austria. Als Ingolstadt 2017 absteigen musste, wechselten Sie in die Premier League. Sind Spieler privilegiert?

Suttner: Es gibt Spieler, die einen Verein aufgrund eines Abstiegs verlassen. Bei mir war das nicht der Fall. Ich wäre mit Ingolstadt auch in die zweite Liga gegangen. Ich wollte nicht unbedingt weg. Aber das Angebot von Brighton & Hove Albion war eine einmalige Chance. Ich hatte eine gute Saison gespielt.

STANDARD: Sie hatten bei Ingolstadt vier Freistoßtore in einer Saison geschossen, mehr als jeder andere Spieler aus einer der fünf Topligen. War das der Schlüssel nach England?

Suttner: Es ist schön, wenn man am Ende der Saison eine solche Statistik aufweisen kann. Ich hatte einen unglaublichen Lauf. Deshalb bin ich aber nicht besser als andere. In diesem Jahr hatte ich mich generell gut entwickelt, das hat mir den Vertrag in der Premier League eingebracht.

STANDARD: Sie sind in den großen Stadien gegen Manchester United und Chelsea eingelaufen. Wer waren die härtesten Gegenspieler?

Suttner: Riyad Mahrez, damals bei Leicester, war sehr unangenehm. Und Eden Hazard von Chelsea hat wirklich eine unglaublich schnelle Beschleunigung. Die beiden haben mir die meisten Probleme bereitet. Die stehen nicht zufällig dort, wo sie stehen. Da lernt man dazu.

STANDARD: Waren die vergangenen fünf Jahre ein Reifeprozess?

Suttner: Bestimmt. Mit der Erfahrung kann man brenzlige Situationen besser einschätzen. Man hat einige Konstellationen mit Gegenspielern von Weltklasse erlebt. Man weiß, was alles passieren kann.

Eine harte Nuss: Gegenspieler Eden Hazard.
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STANDARD: Warum hat es nach 14 Einsätzen bei Brighton & Hove Albion nicht langfristig für einen Stammplatz gereicht?

Suttner: Der Trainer wollte einen abwartenden Fußball spielen. Das trifft nicht meine Stärken. Ich muss am Gegner dran sein, ich muss ein lästiger Kerl sein. In Brighton sind die Gegner oft mit Geschwindigkeit gekommen.

STANDARD: Kann man sich anpassen? Kann man sich an ein neues Spielsystem gewöhnen?

Suttner: Ich bin nun mal nicht der Schnellste. Trotzdem habe ich mich angepasst und auch gute Leistungen geboten. Dann war ich leider verletzt, die Mannschaft hatte einen Lauf, und ich kam bis zum Saisonende nicht mehr zum Einsatz. Ich habe nicht mehr Fuß gefasst.

STANDARD: War das der Anfang vom Ende des Abenteuers Premier League?

Suttner: Durch den Klassenerhalt hatte der Verein einen Haufen Geld eingenommen. Da war mir klar, dass es eng wird. Zumal ich nicht voll überzeugt hatte. Zunächst hieß es, dass man keinen neuen Linksverteidiger holen würde.

STANDARD: Aber in der Vorbereitung stand plötzlich eine Neuverpflichtung da.

Suttner: So war es. Da war mir klar, dass ich keine Chance mehr bekommen würde. Aber ich bereue nichts. Ich habe den englischen Fußball kennengelernt.

STANDARD: Vergangene Woche hatten Sie das erste Training mit der Austria. Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Rückkehr?

Neue alte Wäsche für Markus Suttner.
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Suttner: Es gibt Dinge neben dem Fußball. Ich habe eine Frau und ein Kind. Wir sind fünf Jahre lang herumgezogen, mein Sohn kommt in den Kindergarten. Will man ihn alle paar Monate aus seinem Umfeld reißen? Nein. Man wird älter.

STANDARD: Als 33-Jähriger zählt man im Fußballgeschäft tatsächlich nicht mehr zu den Allerjüngsten. Wie macht sich das Alter bei Ihnen bemerkbar?

Suttner: Auf dem Platz noch gar nicht. Nach dem Spiel benötigt man vielleicht einen Tag mehr Regeneration. Wenn ich am Sonntag spiele, mache ich am Montag nicht mehr Halligalli auf dem Trainingsplatz.

STANDARD: Sie haben in Ihrer ersten Saison in Ingolstadt unter Ralph Hasenhüttl gespielt. Jetzt arbeiten Sie wieder unter Peter Stöger. Beide Meister ihres Fachs, was macht diese Trainer aus?

Suttner: Bei Stöger ist das Zwischenmenschliche überragend. Man weiß immer, woran man ist. Man erfährt die Wahrheit. Das ist für jeden Spieler im Kader, egal ob er nun spielt oder nicht, sehr wichtig. Er behandelt alle gleich, und der Spaß kommt nicht zu kurz. Hasenhüttl hat vieles im Detail verbessert. Auch bei ihm weiß jeder, was er am Platz zu tun hat.

STANDARD: Was haben Sie in der kommenden Saison auf dem Platz zu tun?

Suttner: Das kann man noch nicht genau sagen. Wir müssen zunächst unseren Spielstil finden. Was wollen wir als Mannschaften machen? Wie wollen wir agieren? Aber ich möchte natürlich eine Führungsrolle einnehmen, vorangehen.

STANDARD: Bevor Sie die Austria verlassen haben, waren Sie Meister, spielten Champions League. Jetzt schwächelt der Klub. Was erwartet Sie?

Suttner: Als ich gegangen bin, waren wir auch nicht gut beisammen. Ich will helfen, das Austria-Gen wieder in die Mannschaft zu bringen. Die Routiniers müssen die Einstellung vorleben. Ein Unentschieden gegen einen kleinen Verein ist nicht genug. Das müssen alle lernen.

STANDARD: Am letzten Spieltag der Champions-League-Gruppenphase 2013 standen Sie nach einem 4:1 gegen Zenit St. Petersburg neben Größen wie Neymar, Gerard Piqué und Wesley Sneijder im Team der Runde. Merkt man sich eine solche Auszeichnung?

Suttner: Natürlich. So was vergisst man nicht. Ich kann mich realistisch einschätzen. Ich weiß, dass ich einen richtig guten Tag brauche, um so eine Anerkennung zu erfahren. Und das war damals ein super Tag für die ganze Mannschaft. Das war eine extrem schöne Sache. So etwas wird zu Hause aufgehängt. (Philip Bauer, 17.8.2020)