Vermeintliche Freiheit: Die im Lockdown entstandenen Interventionen schlagen wie Granaten ein und stellen sich der Zeit.
Foto: Ida Gergely

Diese komische Zeit hat neben all ihren verheerenden Aspekten auch ein paar Kostbarkeiten hervorgebracht, die erst durch sie provoziert wurden. Dass die Universitäten wochenlang geschlossen waren, der analoge Unterricht ausfiel und nur per Video stattfand, traf alle Studiengänge hart – praktische ganz besonders. Somit auch alle künstlerischen.

Dass eine Bildungsinstitution zwar physisch geschlossen sein kann, aber der Hunger nach Wissen und Kreativität darin weiterlebt, sogar Muskeln aufbaut und an Kraft gewinnt, beweist die Pop-up-Ausstellung Die Akademie schläft nicht.

Diesen materialisierten Kraftakt sollte man gesehen haben: noch bis 21. August zu sehen im Gartenpalais Liechtenstein in Wien. Darin versammeln Studierende aus allen 17 Fachbereichen der Akademie der bildenden Künste künstlerische Interventionen, die sie während des Lockdowns in Isolation bewerkstelligt haben.

Der Begriff Interventionen passt hier wie die Faust aufs Auge: In den barocken Räumen schlagen Skulpturen, Installationen, Videos, Fotografie und Malerei auf Boden und Wänden wie Granaten ein: Freiheit, Erinnerungen, digital und analog, innen und außen werden oft zitiert.

Wo geht es hier in die Freiheit?

Auf einer Palette liegt eine zerknautschte Folie, auf ihr ein Bildschirm, auf dem ein Video läuft, in dem Barbara Maria Neu in einem Ziegenstall Klarinette spielt. Dahinter laufen Videos aus der bereits viralen Webshow "WERISTdICHTER?" von Alexandru Cosarca und Sarah Hauber, in der immer wieder durchs Stiegenhaus gerannt wird – die Türe nach draußen scheint ein Tor in eine neue Welt zu sein.

Ida Gergelys bunte Gemälde scheinen in ein vermeintlich frohes draußen zu locken, das sich dann aber als surreal flächige Kulisse entpuppt. Anna Bochkova und Valerie Habsburg schaffen Erinnerungsinseln, die aus Fotoschnipseln, Skulptürchen sowie Innenansichten eines maroden Hauses bestehen. Rogine Moradi hängt einen lila-glänzenden Teppich an die Wand.

Und der grassierende Wahnsinn unseres Alltags wird in Daphne von Schraders Videoserie in verdauungsähnlichen Sequenzen verbildlicht: Da wabert und tropft und kleckert und blubbert es. Man könnte stundenlang zuschauen! (Katharina Rustler, 12.8.2020)