Ein Mund-Nasen-Schutz wird wohl oder übel – Coronavirus sei Dank – in nächster Zeit ein fixes Utensil in den Schultaschen oder Rucksäcken der Schülerinnen und Schüler sein. Ein Corona-Testkit könnte es zum Schulbeginn auch noch geben, wenn es nach der SPÖ geht.

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Wie soll der Schulbetrieb unter Corona-Bedingungen im Herbst anlaufen? Das Konzept von Bildungsminister Heinz Faßmann ist für Mitte August angekündigt. DER STANDARD hat die Oppositionsparteien nach ihren Vorstellungen für einen Neustart nach dem Lockdown im Frühjahr samt mehr oder weniger erfolg- und schmerzensreichen Homeschoolings für alle Beteiligten und der Kurzzeitrückkehr in die Schulen bis vor die Sommerferien gefragt.

Für SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid gibt es ein klares, übergeordnetes Ziel, an dem alle schulischen Corona-Maßnahmen ausgerichtet sein müssen: "Das Schließen der Schulen muss um jeden Preis verhindert werden." Nur im äußersten Notfall, also bei akutem und großflächigem Infektionsgeschehen an einer Schule, dürfe dieser folgenschwere Schritt künftig gesetzt werden. Aber nicht, weil es, wie in Oberösterreich geschehen, einen Corona-Cluster in einer Freikirche gab, auf den dann undifferenziert mit großflächigen Schulschließungen reagiert wurde.

Bis jetzt vermisst die ehemalige Bildungsministerin der rot-schwarzen Regierung unter Kanzler Christian Kern (SPÖ) jedoch ein klares Konzept des amtierenden Bildungsministers Heinz Faßmann für den Schul- und Kindergartenstart im Herbst. Sie wird am Donnerstag das der SPÖ vorlegen.

Nur Schnupfen oder doch Covid-19?

Im Zentrum des roten Schulkonzepts unter Corona-Bedingungen steht das bekannte Problem, dass Herbst und Winter klassische Hochzeiten für Infektionskrankheiten sind. "In Corona-Zeiten lösen schon leichte Erkältungssymptome Verunsicherung aus", sagt Hammerschmid und fordert daher eine "praktikable Schnupfen-Regelung" zur Entlastung aller Beteiligten: "Wir sagen: Auf Nummer sicher gehen und jeden Schnupfen testen. Eltern bekommen für ihre Kinder gleich zu Beginn des Schuljahres ein vom Bund finanziertes Testkit für einen Gurgeltest. Bei Schnupfen wird der Test zu Hause mit dem Kind durchgeführt. Binnen 24 Stunden – am Wochenende und an Feiertagen spätestens nach 48 Stunden – soll dann Klarheit herrschen."

Entwickelt wurde das Gurgel-Verfahren im Rahmen der "Vienna Covid-19 Diagnostics Initiative" (VCDI) – einem Zusammenschluss von 21 Forschungsinstituten der Universität Wien und der MedUni Wien.

Diese einfache Testmethode würde auch Druck von den Eltern nehmen, die womöglich kranke Kinder in die Schule schicken, weil sie vielleicht keine Betreuungsmöglichkeit haben, sagt Hammerschmid. Für den einen Tag Wartezeit bis zum Testergebnis hätten Eltern schon laut jetziger Rechtslage einen Anspruch auf bezahlte Betreuung ihrer vom Schulbesuch aus Präventionsgründen ausgeschlossenen Kinder, betont die SPÖ-Politikerin. Die Gratis-Grippeimpfung an Schulen soll zusätzlich helfen, zumindest teilweise zu verhindern, dass Kinder Symptome entwickeln.

Ein Testpaket für jedes Kind

Auch die Schulen sollen derartige Testkits (ein Becher mit Salzwasserlösung) vorrätig haben, um etwaige Verdachtsfälle schnell zu klären. Vorbild dafür könnte laut Hammerschmid die Stadt Wien sein, wo es schon jetzt ein eigenes, beschleunigtes Testverfahren für Schulen gibt: Jeder Standort hat eine eigene Kontaktperson und damit einen direkten Draht zur Gesundheitsbehörde.

Auch für den Bildungssprecher der FPÖ, Hermann Brückl, ist wichtig, dass die Schulen offen sind und bleiben: "Schulschließungen wären ein Wahnsinn, weil daran Schüler, Eltern und Lehrer hängen. Die Schule ist nun einmal nicht nur eine Bildungs-, sondern auch Betreuungseinrichtung. Da muss es Verlässlichkeit geben für alle Beteiligten." Und auch er nennt als Worst Case die breiten Schulschließungen im Fahrwasser des Freikirchen-Clusters in Oberösterreich.

Brückl unterstützt Faßmanns Ziel eines möglichst regulären Schulbeginns im September: "Grundsätzlich muss der Schulbetrieb ganz normal starten, zumal die Schulen nicht der Hotspot des Coronavirus sind."

Bessere Kommunikation und mehr Schulautonomie

Aber der FPÖ-Abgeordnete sieht auch optimierungsbedürftige Bereiche: Die Kommunikation zwischen Ministerium und Schulen, aber auch Bundesländern sei dringend zu verbessern: "Man muss den Schulen mehr Autonomie zugestehen, gerade auch jetzt während der Pandemie." Der Freiheitliche aus Oberösterreich plädiert für eine "föderale Schule", die durch Kenntnis der lokalen Gegebenheiten bestimmte Maßnahmen viel punktgenauer und abgestimmt setzen könne. Abstandsmöglichkeiten etwa seien von Schule zu Schule sehr unterschiedlich, da sollten die jeweiligen Standorte also selbst entscheiden, wie sie möglichst umfassend Distanz als Alltagsgebot umsetzen können.

"Und was gar nicht geht, sind Masken im Unterricht, weder für Lehrer noch Schüler", sagt Brückl. Gerade für jüngere Kinder sei Lernen unter so "gesichtslosen" Umständen unmöglich. Er sei "überhaupt ein strikter Gegner von Masken. Sie hilft mir in Wirklichkeit nichts. Es ist ein Signal nach außen, an dem man erkennt, dass es eine besondere Situation ist. Die Maske ist für uns, für die FPÖ, das Symbol der Regierung, mit dem sie der Bevölkerung auch Angst machen wollte, um ihre Corona-Maßnahmen zu rechtfertigen."

Eine Langfriststrategie fehlt

Ganz generell, aber vor allem für den Schulbereich vermisst Brückl "einen langfristigen Plan. Es ist ein halbes Jahr vergangen, und irgendwann sollte sich die Regierung Gedanken machen: Wie weiter? Denn das Virus ist da und nicht weg. Wir brauchen eine Langfriststrategie dafür, wie wir mit dieser Situation umgehen wollen, weil wir es müssen. Das erwarten sich Schüler, Eltern und Lehrer."

Das urgiert auch Neos-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre: "Wir brauchen ein Konzept für den Schulbetrieb, das länger durchführbar ist, vielleicht bis zu zwei Jahre, je nachdem, wie lange wir mit dem Coronavirus leben müssen. Da braucht es tragfähige, verlässliche Konzepte, die nicht alle paar Monate neu aufgesetzt werden müssen."

Den vom Bildungsminister angestrebten "ganz normalen" Schulbeginn finden die Neos prinzipiell gut: "Es gibt ein Recht auf Bildung, und geschlossene Schulen haben nicht nur kurzfristige Auswirkungen auf die Berufstätigkeit der Eltern, sondern auch langfristige negative Folgen für das spätere Leben der Kinder. Schulen dürfen nur dann geschlossen werden, wenn es an einer Schule wirklich mehrere Fälle gibt", betont Künsberg Sarre.

Darum sei eine Teststrategie für Schulen besonders wichtig. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger forderte ja bereits "Fast Lane" für Schulen und Kindergärten, also eine Auswertung dieser Corona-Tests binnen 24 Stunden.

Hotline für Pädagoginnen und Pädagogen

Künsberg Sarre pocht zudem auf eine Hotline für Pädagoginnen und Pädagogen in Schulen und Kindergärten. Sie dürften "nicht alleingelassen" werden, sondern bräuchten eine Anlaufstelle, wo sie nicht nur medizinische Auskünfte erhalten, sondern wo auch etwaige Ängste und Unsicherheiten ernst genommen werden. "Das ist ja zweifellos eine große Verantwortung, wenn sie mit Kindern zu tun haben, die vielleicht mit Schnupfensymptomen in der Klasse sitzen, und entscheiden sollen, ob es vielleicht Covid-19 sein könnte – und damit womöglich die Maschinerie für die Schließung einer Schule auslösen, wenn sie sicherheitshalber einen Corona-Verdacht melden." Schulärztinnen und Schulärzte könnten da eine besondere Rolle spielen.

Zum Thema Masken in der Schule – neben den Standards Abstandhalten, Lüften und Händewaschen – positionieren sich die Neos auf der Seite jener, die sie im Unterricht nicht wollen, also so wie Minister Faßmann: "Es ist für Kinder und Jugendliche eigentlich nicht zumutbar, sie stundenlang zu tragen. Grundsätzlich sollte es auch ohne Maske gehen bzw. sollten sie nur dann notwendig sein, wenn es mehr Fälle gibt oder die Ampel eine entsprechend verschärfte Lage im Umfeld anzeigt."

Lehrer-Risikogruppe soll von daheim aus unterrichten

Jene Lehrerinnen und Lehrer, die (sich) zur Covid-19-Risikogruppe zählen, sollten sich von daheim aus um die Kinder kümmern, die auch zu Hause lernen müssen, weil etwa zeitweise Homeschooling nötig ist, schlägt Künsberg Sarre vor. "Wir müssen den Menschen die Angst nehmen, dass die Schule so gefährlich ist. Das ist ja gar nicht der Fall. Da muss man aufklären. Auch die Gewerkschaft ist da gefordert. Lehrer bzw. Lehrerin ist ein wichtiger systemerhaltender Beruf." (Lisa Nimmervoll, 12.8.2020)