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Wienerberger ist der weltgrößte Hersteller von Hintermauerziegeln und gewinnt zunehmend an Bedeutung als Produzent spezieller Rohre.

Foto: reuters/föger

Dass die vergangenen Monate keine Herausforderung gewesen seien, sei stark übertrieben. Auch Wienerberger, mit gut 200 Standorten in mehr als 30 Ländern weltgrößter Baustoffkonzern, sei beinahe täglich mit einer neuen Situation konfrontiert gewesen, sagte Konzernchef Heimo Scheuch bei der Vorlage der Halbjahreszahlen am Mittwoch.

"Wovon wir profitiert haben, ist die dezentrale Struktur. Wir benötigen keine großen internationalen Lieferketten, wir sourcen, produzieren und liefern lokal", führte Scheuch aus. Somit sei Wienerberger bisher auch vergleichsweise glimpflich durch die Krise gekommen. Seit April, dem schlimmsten Monat bisher mit einem Umsatzrückgang von fast einem Viertel (minus 23 Prozent), habe sich die Lage zusehends verbessert. Nach minus 18 Prozent im Mai habe Wienerberger im Juni wieder vier Prozent mehr Umsatz gemacht als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Diese Entwicklung habe sich dann auch in den Juli hineingezogen.

Umsatz bis Juni um fünf Prozent gesunken

Von Jänner bis Juni ist der Wienerberger-Umsatz kumuliert um fünf Prozent auf 1,64 Milliarden Euro gesunken, das Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) hat sich um zwölf Prozent auf 255,2 Millionen verringert. Angesichts der Rahmenbedingungen sei dies durchaus als Erfolg zu werten, sagten Scheuch und der seit Juli amtierende neue Finanzvorstand Carlo Crosetto.

Während im größten Geschäftsbereich Ziegel (Business Solutions) die Rückgänge mit minus sechs Prozent beim Umsatz und minus 14 Prozent beim Ebitda ausgeprägter waren, entwickelte sich der Rohrbereich (Piping Solutions) um eine Spur besser. Der Umsatz ging in der Vergleichsperiode nur um fünf Prozent zurück, das Ebitda verbesserte sich sogar um fünf Prozent.

Rohre für Wasserstoff

Die Zeit der Krise, in der Wienerberger etwa in Großbritannien und Frankreich die gesamte Belegschaft in Kurzarbeit geschickt hat, sei an den Forschungsstandorten genutzt worden, um an neuen Produkten zu arbeiten. Auf der Ziegelseite habe man ein klimaneutrales Produkt auf den Markt gebracht, das erheblich zur Absenkung der CO2-Emissionen beitragen könne.

Ein anderes Beispiel sind spezielle Rohre für den Transport von Wasserstoff. Diese Innovation sei nicht zufällig von der Niederlassung in den Niederlanden vorangetrieben worden, zumal das Land mit stark sinkendem Erdgasaufkommen an Wasserstoff als Alternative zum Gas denkt. An grünen Wasserstoff wohlgemerkt – gewonnen aus erneuerbaren Energien.

Kooperation mit Saudi Aramco

Mit faserverstärkten Plastikrohren sei die Wienerberger-Tochter Pipelife schon seit einiger Zeit gut im Geschäft mit der internationalen Erdöl- und Erdgasindustrie. Gegenüber traditionellen Röhren aus Stahl seien die verstärkten Plastikrohre flexibler einsetz-, schneller verleg- und länger haltbar, weil das Korrosionsrisiko wegfalle. Gemeinsam mit dem weltgrößten Ölkonzern Saudi Aramco arbeite man an einer Weiterentwicklung der Rohre, sagte Scheuch.

Das Wienerberger-Management ist nach Evaluierung der jüngsten Entwicklungen nun etwas optimistischer gestimmt als zuletzt. Das Konzern-Ebitda wird jetzt in einer Bandbreite von 480 bis 500 Millionen Euro erwartet – nach 590 Millionen im Rekordjahr 2019. Anfang Mai waren die Erwartungen mit 460 bis 480 Millionen Euro noch gedämpfter. Die Dividende wird wie ursprünglich geplant von 50 auf 60 Cent je Aktie angehoben.(Günther Strobl, 12.8.2020)