Schläger gehören zur Grundausstattung der Demonstranten und dienen der Abwehr von Tränengasgeschoßen.

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Die zerstörten Getreidesilos von Beirut.

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Dem Libanon droht der Regierung zufolge nach der Explosion im Hafen von Beirut doch keine Nahrungsmittelknappheit. Dieser Ansicht ist jedenfalls der scheidende Wirtschaftsminister Raoul Nehme. "Es gibt keine Vorratskrise und keine Brotkrise", schrieb Nehme am Mittwoch auf der Kurznachrichtenplattform Twitter. Die libanesischen Mühlen verfügten über insgesamt 32.000 Tonnen Mehl, dazu kämen Lieferungen über 110.000 Tonnen, die in den nächsten zwei Wochen eintreffen würden. Dies reiche für vier Monate, da der monatliche Verbrauch 35.000 Tonnen betrage, erklärte der Minister.

Silo zerstört

Bei der Explosion von 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat in einem Lagerhaus im Beiruter Hafen am Dienstag vergangener Woche wurde auch das wichtigste Getreidesilo des Landes zerstört. Über andere strategische Reserven verfügt das Land nicht. Die Errichtung einer staatlichen Reserve von 40.000 Tonnen Getreide war zwar geplant gewesen, wurde jedoch nicht umgesetzt.

Die Regierung war am Montag infolge der Proteste nach der Explosionskatastrophe zurückgetreten, blieb jedoch auf Geheiß von Präsident Michel Aoun vorerst noch im Amt. Die angekündigten Veränderungen stellen die Bevölkerung jedoch bei weitem nicht zufrieden, weitere Proteste wurden angekündigt.

Nichts gegen Gefahr getan

An einem Trauermarsch nahmen am Dienstag tausende Menschen teil. Dabei wurden auch die Namen der mehr als 170 Todesopfer der Explosion verlesen. Demonstranten forderten den Rücktritt Aouns. Auf Transparenten warfen sie ihm vor, von der unsachgemäßen Lagerung des Ammoniumnitrats gewusst und nichts unternommen zu haben.

Am Dienstagabend meldete das deutsche Transportunternehmen Hapag Lloyd, dass der Containerhafen Beiruts wieder angelaufen werde. Am Terminal für Containerschiffe habe es vergleichsweise nur geringe Schäden gegeben. Bei der Explosionskatastrophe war auch das lokale Hapag-Lloyd-Büro völlig zerstört worden. Die Containerschiffe wurden nach Tripoli umgeleitet, allerdings hat der Hafen nur ein Drittel der Kapazitäten von Beirut. Auch das französische Unternehmen CMA CGM hat die Containertransporte nach Beirut wieder aufgenommen. Der Libanon ist weitgehend von Importen abhängig, die bisher zum Großteil über den Beiruter Hafen abgewickelt wurden.

Ruf nach Reformen

Am Mittwoch traf Deutschlands Außenminister Heiko Maas in Beirut ein, um sich ein Bild vom Ausmaß der Katastrophe zu machen. Hilfe knüpfte der aktuelle Vorsitzende des EU-Außenministerrats an Veränderungen und die Bekämpfung der Korruption. Jeder im Libanon muss erkennen, dass es so nicht weitergehen kann, dass das Land große Reformen braucht", sagte Maas. Die Wut der Bevölkerung sei für ihn nachvollziehbar.

Dem libanesischen Roten Kreuz übergab Maas einen Scheck über eine Million Euro. Insgesamt hatte die Regierung in Berlin zwanzig Millionen Euro Nothilfen zugesagt. (Michael Vosatka, 12.8.2020)