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Die Wege der tschechischen Sazka-Gruppe zur Mehrheit an der Casinos Austria AG waren verschlungen.

Foto: Reuters / Heinz-Peter Bader

Wien – Vor genau einem Jahr fanden in der Causa Postenschacher in der teilstaatlichen Casinos Austria AG jene Hausdurchsuchungen statt, bei denen die Ermittler von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch das Handy von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beschlagnahmten – samt jenen Chats, die weitere Ermittlungen auslösten.

Die durch eine anonyme Anzeige ins Rollen gebrachte Casinos-Causa, die sich an der Bestellung von FPÖ-Mann Peter Sidlo zum Casag-Finanzvorstand entzündet hatte, ist auch Gegenstand des Ibiza-U-Ausschusses. Der geht am 9. September weiter – neuen Stoff für Befragungen gibt es. Denn am 27. Juli ging ein weiteres anonymes Schreiben bei der WKStA ein, es ging auch dem STANDARD zu.

Nicht mit Samthandschuhen

Der Verfasser schildert auf zweieinhalb Seiten seine Sicht darüber, wie die tschechische Sazka Group "feindliche Übernahmen" tätige und wie sie ihren Einstieg beim österreichischen Glücksspielkonzern vorbereitet und umgesetzt habe. Kurz zusammengefasst könnte man sagen: nicht mit Samthandschuhen.

Zur Erinnerung: Die Unternehmensgruppe des Tschechen Karel Komarek war mit kleiner Beteiligung eingestiegen, es folgten Machtkämpfe mit den Casag-Aktionären Staat (Öbib, jetzt Öbag) und Novomatic. Zuletzt übernahm Sazka auch deren Anteil und hat nun mit 55 Prozent das Sagen im Konzern, der einen rigorosen Sparkurs fährt.

Erst klein, dann groß

Glaubt man dem Verfasser der Sachverhaltsdarstellung, war dieses Vorgehen symptomatisch. Sazka steige immer mit kleinen Beteiligungen ein, schließe (wie mit Novomatic, Anm.) Schiedsgerichtsklauseln mit hohen Strafdrohungen, sobald die unterschrieben seien, sei das "der Anfang vom Ende".

Zur Vorbereitung des Casinos-Einstiegs sei eine Verbindung zwischen Komarek und dem damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hergestellt worden, über einen Ex-OMV-Manager und Geschäftspartner Komareks. Sazka sei als Casag-Aktionär keinem Fit-and-Proper-Test unterzogen worden; obwohl in Österreich über ihre indirekte Beteiligung an der Betano illegales Onlineglücksspiel gelaufen sei. All das dementiert ein Sazka-Sprecher, den der STANDARD mit der Anzeige konfrontiert hat. Man habe zwar indirekt eine Minderheit an der Betano erworben, aber die Gesellschaft sofort dazu gebracht, illegale Aktivitäten in Österreich zu stoppen.

Lobbying und Dirty Campaigning

Auch die Darstellung, wonach Schelling nach seinem Ausscheiden als Finanzminister einen Konsulentenvertrag mit Komareks Gesellschaft KKCG bekommen habe (über einen Subkontrakt mit dem Ex-OMV-Mann), mit dem Ziel, Novomatic zu einem Verkauf ihrer Casag-Anteile an die Tschechen zu bewegen, entbehre jeder Grundlage.

Laut dem Anzeiger änderten die Tschechen danach ihre Strategie, um an die Casag-Mehrheit zu kommen. Von Fallen für Öbib und Novomatic ist da die Rede, von Dirty Campaigning und politischem Lobbying für den Erhalt des Glücksspielmonopols und Steuerreduktion. Als Erstes sei dann die Vorstandsdiskussion in Gang gebracht worden, wobei Novomatic mit der Nominierung Sidlos ein schwerer Fehler unterlaufen sei. Komarek habe Sidlo bereits gekannt und er hasse ihn – beides wird seitens Sazka bestritten.

Gottesgeschenk Ibiza-Video

Weiteres Thema: das inzwischen berühmte Treffen bei der Glücksspielmesse in London, bei dem unter anderen die heutige Casag-Chefin Bettina Glatz-Kremsner dabei war und der damalige FPÖ-Staatssekretär im Finanzministerium, Hubert Fuchs. Das Meeting sei quasi von Sazka initiiert worden und hätte ebenfalls dem politischen Lobbying dienen sollen – das habe aber nicht geklappt. Also habe man auf die Anti-Sidlo-Schiene gesetzt, zwei von Sazka unterstützte Berater hätten das (erste) anonyme Schreiben verfasst (was die und Sazka bestreiten), auch um im Schiedsverfahren gegen Novomatic zu punkten.

Genau zu diesem Zeitpunkt sei dann das "Geschenk Gottes", das Ibiza -Video, aufgetaucht. "Und", so der Anzeiger, "zur Überraschung aller" habe dies zu massiven Ermittlungsschritten der Justiz geführt. Warum der Anonymus das schreibt? Er habe Streit mit der Komarek-Gruppe KKCG, weswegen er der Ansicht sei, dass die Adressaten des Schreibens "das Benehmen von KKCG und Sazka kennenlernen sollten".

Offizielles Statement

Am Donnerstag kommentierte der Sprecher der Sazka Group, Radek Němeček, das anonyme Schreiben wie folgt: "Im Laufe der Jahre haben viele versucht, uns zu diskreditieren. Dieser aktuelle Versuch ist besonders niederträchtig, anonym, enthält reihenweise unwahre Aussagen, unbegründete Spekulationen und sogar belustigende und törichte Schlussfolgerungen. Es ist offensichtlich, dass dieses Schriftstück als anonymer Brief eingereicht wurde, weil der Verfasser seine verrückten Schlussfolgerungen durch keinerlei Beweise untermauern kann. Wir sind unseren Werten Professionalität, Integrität, Vertrauen und unserem gesunden unternehmerischen Urteilsvermögen stets gerecht geworden. Wir gehen davon aus, dass sowohl die Justiz als auch die Öffentlichkeit ein solch billiges Manöver richtig einordnen werden." (Renate Graber, 13.8.2020)