Recycling – nur eine von mehreren Komponenten einer echten Kreislaufwirtschaft – hat zugenommen, kann aber den gestiegenen Materialverbrauch nicht ausgleichen.
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"Raumschiff Erde": Mit diesem Bild veranschaulichen Wiener Forscher den Umstand, dass die Erde ein geschlossenes System mit entsprechend begrenzten Materialressourcen ist. Und dieses Raumschiff ist leider auf falschem Kurs. Denn angemessen wäre einem solchen System eine Kreislaufwirtschaft, bei der Materialien wiederverwendet werden oder in ökologischen Zyklen kreisen. Doch davon hat sich die Weltwirtschaft immer weiter entfernt, bilanziert das Team um Willi Haas vom Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur.

Die Untersuchung

Die Forscher analysierten für den Zeitraum von 1900 bis 2015 die Stoffflüsse in der Weltwirtschaft. Sie untersuchten, wie sehr die Betriebe nicht-erneuerbare Materialien wie Metalle, Plastik, Glas und Baustoffe durch Recycling im Kreis führten ("sozioökonomische Zirkularität") und wie sehr natürliche Materialien umweltverträglich entnommen und der Natur wieder zugeführt wurden ("ökologische Zirkularität").

"Das Ergebnis ist angesichts der weltweiten Hoffnung auf mehr Kreislaufwirtschaft ernüchternd", so die Forscher. Die globale Zirkularität sei in dieser Zeitspanne von 43 Prozent auf 26 Prozent gesunken. Der nicht zirkulierende Stofffluss stieg währenddessen um das 16-fache. Es wird zwar seit den 1970er Jahren vermehrt recycelt, aber der Materialverbrauch wächst schneller, als die Recyclingflüsse, so Haas.

Was den Kreislauf stört

"Ein enormer Treiber des Ressourcenverbrauchs sind die ständig wachsenden Infrastrukturen wie Straßen, Gebäude, Fabriken und die Zunahme an Konsumgütern wie Fahrzeugen und elektronischen Geräten", erklären die Forscher. 86 Prozent aller Ressourcen würden für deren Erzeugung, Instandhaltung und Betrieb benötigt. "Eine weitere Barriere für die Kreislaufwirtschaft ist die Nutzung großer Mengen an fossilen Energieträgern, die rund 15 Prozent des globalen Ressourcenverbrauchs ausmachen, und zu einem großen Teil als klimaschädliche Emissionen in die Atmosphäre verpuffen", heißt es dazu weiter.

Die Forscher plädieren für schlankere und wartungsärmere Infrastrukturen und Güter, die zudem in der Gesamtmenge nicht immer mehr werden dürften. Weiters sei eine "wirklich nachhaltige Nutzung von Biomasse" erforderlich. "Weder der Kohlenstoff-, der Stickstoff- noch der Phosphor-Kreislauf der Biomassenutzung sind bis dato nur annähernd geschlossen", schrieben sie. Nicht zuletzt kritisieren die Forscher mangelnden Fortschritt bei der Energiewende: Der Ausstieg aus der Fossilenergie werde zwar vielfach diskutiert, gleichzeitig sei aber der globale Verbrauch von 2000 bis 2015 um über 40 Prozent gestiegen. (APA, red, 13. 8. 2020)