Es war eine gezielte Eskalation eines seit langem währenden Streits, die Epic Games da am Donnerstagabend vorgenommen hat. Und die Reaktion kam nicht nur prompt, sondern ganz offensichtlich auch so, wie es der Spielehersteller erwartet hatte: Sowohl Apple als auch Google haben "Fortnite" aus ihren jeweiligen App Stores für iPhones und Android-Geräte geworfen, Epic hat umgehend Klage gegen beide Firmen eingereicht.

Ausgangspunkt

Der Kern des Konflikts reicht dabei weit zurück: Epic Games kritisiert seit Jahren jene Gebühren, die Spiele in Apples App Store sowie in Googles Play Store für jegliche finanzielle Transaktionen zahlen müssen. Üblicherweise wandern etwa bei In-App-Käufen – von denen Titel wie "Fortnite" vornehmlich leben – 30 Prozent der Einnahmen an die Plattformbetreiber. Unter Android hat Epic deswegen auch lange versucht, ohne eine Aufnahme in den Play Store auszukommen, eine Position, die man aber vor wenigen Monaten aufgegeben hat.

Wohl mit Rückenwind durch die aktuell generell schärfer werdende Kritik vor allem an Apples strikten App-Store-Regeln hat sich Epic nun zu einer bewusst gesetzten Provokation entschieden. Am Donnerstagabend tauchte in den "Fortnite"-Versionen für iOS und Android plötzlich eine neue Bezahloption für In-Game-Käufe auf, und zwar eine, mit der direkt bei Epic Games bezahlt werden kann. Um das eigene Argument mit den für die Nutzer schädlichen Gebühren zu untermauern, waren die Preise dabei natürlich niedriger angesetzt.

Rauswurf

Die beiden Plattformbetreiber reagierten, wie es zu erwarten war: "Fortnite" flog praktisch umgehend aus dem App Store, Google ließ sich für seine Entscheidung ein paar Stunden länger Zeit, warf das Spiel dann aber auch aus dem eigenen Angebot. In einer Stellungnahme bedauert Apple, dass Epic sich dazu entschlossen habe, gezielt gegen die App-Store-Richtlinien zu verstoßen. Und zwar gleich in zweierlei Hinsicht: Neben der Einführung eines eigenen Bezahldienstes für In-App-Käufe ist nämlich auch die Art, wie Epic dies vorgenommen hat, ein Regelverstoß. Wurde dies doch schlicht durch eine serverseitige Umstellung in bestehenden App-Versionen vorgenommen, also ohne Update und somit auch ohne die vorgeschriebene Überprüfung durch Apple.

1984 kehrt zurück

Die weitere Reaktion von Epic Games war recht augenscheinlich wohlvorbereitet: Praktisch parallel zum Rauswurf veröffentlichte der Spielehersteller eine Parodie des legendären "1984"-Werbespots von Apple, mit dem einst der erste Macintosh beworben wurde. In dieser wird nun Apple als der böse Monopolist dargestellt, gegen den eine Spielerin im "Fortnite"-Stil als einer Art Anführerin einer Rebellion auftritt. Die Kernbotschaft kommt dabei zum Schluss: "Epic Games hat sich dem App-Store-Monopol widersetzt. Als Rache blockiert Apple nun 'Fortnite' von einer Milliarde Geräte. Schließ dich dem Kampf an, um zu verhindern, dass 2020 zu 1984 wird."

Fortnite

Kurz danach folgte der nächste Schritt: eine Klage von Epic Games gegen Apple, die in dieselbe Kerbe schlägt. Darin spricht man davon, dass Apple ein rechtswidriges Monopol über die App-Verbreitung auf iOS habe, indem man jeglichen alternativen Weg zur App-Verbreitung verbiete. Der Hauptkritikpunkt bleibt aber nicht, dass alle Programme den App Store benutzen müssen, sondern dass hier eine finanzielle Beteiligung für Apple unausweichlich ist.

Schwierigere Lage bei Android

Für Google hatte Epic Games kein eigenes Video parat, und auch sonst stellt sich unter Android die Situation etwas komplexer dar. Immerhin ist es hier sehr wohl für die Nutzer möglich, Apps und Spiele jenseits des Play Store zu installieren. Ein Weg, den ja Epic selbst lange bei "Fortnite" beschritten hat. Die gegen Google eingereichte Klage konzentriert sich insofern auf einen anderen Punkt: Dem Android-Hersteller wird vorgeworfen, dass er Druck auf Smartphone-Anbieter ausgeübt habe, damit diese den Epic Games Store nicht auf ihren Geräten vorinstallieren. Konkret bezieht man sich dabei auf eine aktuelle Episode mit Oneplus: Der Anbieter war offenbar in Verhandlungen mit Epic Games über die Aufnahme des besagten Game Store. Google soll dann aber den Deal sabotiert und dabei explizit darauf verwiesen haben, dass man befürchte, dass Spieler künftig den Play Store umschiffen könnten. Was die Sache noch komplizierter macht: Offenbar hat Google eine Ausnahme für den indischen Markt zugelassen.

Unklar bleibt dabei, auf welchem Weg Google Druck gemacht haben soll. Die Verträge mit den Smartphone-Herstellern sind üblicherweise streng geheim, eine Regelung, die die Vorinstallation alternativer App Stores verbietet, war dabei bisher nicht bekannt. Genau genommen liefern viele Firmen seit längerem neben dem Play Store auch eigene App Stores mit – allen voran etwa Samsung. Epic ist jedenfalls davon überzeugt, dass Google über technologische sowie vertragliche Barrieren dafür gesorgt habe, dass der Play Store zur einzigen relevanten Verbreitungsplattform unter Android geworden ist, wie es in der Klage heißt.

Applaus

Zuspruch für die Aktion von Epic Games kam umgehend von einem Unternehmen, das schon länger gegen die App-Store-Regeln von Apple kämpft: Spotify zeigt sich in einer Stellungnahme erfreut, dass der "Fortnite"-Entwickler gezielt gegen die "unfairen Praktiken" von Apple vorgeht. Dass die Firma hier nicht über Google redet, hat einen guten Grund: Spotify ist unter Android nicht von ähnlichen Vorschriften betroffen, da es für Apps erlaubt ist, Bezahlungen am Play Store vorbei abzuwickeln. Nur für Spiele gibt es vergleichbar strikte Regeln.

Kritik an Epic

Die Inszenierung von Epic Games als David, der hier gegen Goliath in den Kampf zieht, ist allerdings auch nicht unumstritten. Immerhin ist "Fortnite" kein kleines Hobbyprojekt, das Unternehmen hat mit dem Spiel im Jahr 2018 2,4 Milliarden Dollar eingenommen, 2019 waren es noch immer 1,8 Milliarden. Und auch der Epic Games Store ist bei vielen Spielern regelrecht verhasst. Andere verweisen wiederum darauf, dass es eine gewisse Ironie hat, dass Epic Games selbst alternativen App-Plattformen unter Android die Verbreitung von "Fortnite" untersagt hat – und zwar unter Androhung einer Klage. (Andreas Proschofsky, 14.8.2020)