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Seit Ausbruch der Corona-Pandemie haben sich offiziell 21.026.758 mit dem Virus infiziert.

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SPÖ-Chefin Rendi-Wagner warf der Regierung Planlosigkeit vor.

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Das Wichtigste in Kürze:

  • Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warnte angesichts der steigenden Neuinfektionen vor einer "besorgniserregender Entwicklung" und verwies auf die Möglichkeit, auch das Bundesheer für Grenzkontrollen einzusetzen.
  • SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner warf der Regierung vor, keinen Plan im Umgang mit der Corona-Krise zu haben. Alle Reiserückkehrer und nicht nur jene aus Kroatien gehörten getestet.
  • Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) ordnete verstärkte gesundheitsbehördliche Kontrollen bei der Einreise aus Risikogebieten an.
  • Angesichts gestiegener Infektionszahlen unter jungen Menschen, sperrt Italien alle Diskotheken
  • Tirols Landeshauptmann Günther Platter will eine Bundesregelung für Apres-Ski, Bars und Discos.
  • Die WHO meldet 294.237 registrierte Neuinfektionen mit dem Coronavirus binnen 24 Stunden weltweit. Das ist die höchste Zahl seit Beginn der Pandemie.
  • Österreich verzeichnete am Sonntag 191 Neuinfektionen.
  • Eine positiv Getestete reiste mit dem Zug von Graz nach Wien.

Kurz warnt vor "besorgniserregender Entwicklung"

"Das Virus kommt mit dem Auto nach Österreich", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag vor Medienvertretern angesichts der steigenden Infektionen mit dem Coronavirus unter Reiserückkehrern. Österreich sei zwar "gut durch den Sommer" gekommen, die Entwicklung der letzten Tage bezeichnete er aber als "besorgniserregend".

Ein großer Teil der Neuninfektionen sei inzwischen auf Reiserückkehrer aus dem Westbalkan, der Türkei und Kroatien zurückzuführen, so Kurz. Österreicher, die in Kroatien geurlaubt haben und bis Montag zurück sind, haben die Möglichkeit gratis einen Covid-19-Test zu machen, Kurz appellierte, diese Angebot zu nutzen.

Die größte Gruppe unter den aktiv Infizierten seien mittlerweile junge Menschen, die oft asymptomatisch seien und gar nicht merken, dass sie das Virus in sich tragen, so der Bundeskanzler. Sie würden aber Familienmitglieder anstecken und ältere Menschen gefährden.

Er verwies auf die Notwendigkeit von mehr Kontrollen und Gesundheitschecks an den Grenzen. Dafür könne das Bundesheer im Rahmen eines Assistenzeinsatzes von den zuständigen Behörden in den Bundesländern angefordert werden. In einer Aussendung sicherte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) die Unterstützung des Bundesheeres zu. "160 Soldatinnen und Soldaten stehen jetzt schon im Assistenzeinsatz zur Unterstützung von Gesundheitsbehörden in den Bundesländern zur Verfügung und die Anzahl kann jederzeit erhöht werden", so Tanner.

Rendi-Wagner wirft Regierung "Planlosigkeit" vor

"Planlosigkeit und Chaos" hat SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner am Sonntag der Bundesregierung beim Management auf die jüngsten Entwicklungen in der Coronakrise vorgeworfen. Sie forderte gegenüber der APA kostenlose Tests auf SARS-CoV-2 für alle heimkehrenden Urlauber aus Risikogebieten und nicht – wie vorgesehen – diese auf Rückkehrer aus Kroatien zu beschränken.

"Die Bundesregierung ist nach den vorgenommenen Lockerungen planlos in den Sommer gegangen. Obwohl die Herausforderungen mit der Reisezeit absehbar waren, haben der Kanzler und sein Regierungsteam keine Vorkehrungen für Urlaubsrückkehrer getroffen", konstatierte Rendi-Wagner. Stattdessen schiebe die Regierung ihre Verantwortung auf die Länder ab. "Beim aktuellen Corona-Grenzmanagement fehlen ein einheitliches System und Plan. Wie kommen Reiserückkehrer dazu, diese Planlosigkeit auszubaden?"

Es sei "höchste Zeit für Hausverstand bei der Bundesregierung", urgierte die SPÖ-Chefin. Corona-Tests müssten für Reiserückkehrer aus Risikoländer grundsätzlich kostenlos sein: "Und auch für alle anderen, die sich freiwillig testen lassen wollen, muss es diese Möglichkeit kostenlos geben." Die Bundesregierung habe endlich Verantwortung zu übernehmen und die entsprechenden Tests ohne Chaos zu organisieren und zu finanzieren. "Je mehr und je rascher getestet wird, desto besser kann es gelingen, Ausbreitungen zu verhindern", meinte Rendi-Wagner.

Auch die Neos übten Kritik und zeigten sich verwundert, dass Kurz strengere Kontrollen an den Grenzen fordere und die Gesundheitsbehörden kritisiere. "Die Gesundheitsbehörden haben keine 15.000 Tests pro Tag versprochen. Die Gesundheitsbehörden haben auch keine Ergebnisse binnen 24 Stunden nach der Testung versprochen. Das waren Ankündigungen der Regierung", sagte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. "Und – kleine Erinnerung: Kurz ist Chef dieser Regierung. Er soll also bitte aufhören, dem Koalitionspartner und der Öffentlichkeit Dinge über die Medien auszurichten und zu ,fordern', er soll endlich tun."

Anschober ordnete verstärkte gesundheitsbehördliche Kontrollen an

Bereits am Freitag hat das Gesundheitsministerium verstärkte und verbesserte gesundheitsbehördliche Kontrollen an den Grenzen zu Italien, der Slowakei, Slowenien und Ungarn angeordnet. Das ging aus einem Erlass hervor, in dem der Schritt mit der Durchbrechung von Infektionsketten und der Eindämmung von SARS-CoV-2 begründet wird.

Die gesundheitsbehördlichen Einreisekontrollen sind demnach "im Rahmen der Schengener Ausgleichsmaßnahmen in Grenznähe bzw. – wo dies aufgrund bestehender stationärer Grenzkontrollen möglich ist – direkt an der Grenze [...] umgehend bis auf weiteres massiv zu verstärken", heißt es in dem Erlass. Die Behörden sollen demnach auch darauf achten, dass Formulare zur Quarantäneverpflichtung korrekt und leserlich ausgefüllt und der für den jeweiligen Quarantäneort zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt werden.

Der Erlass wurde den einzelnen Bundesländern übermittelt, die in den in Ihrem Wirkungsbereich zuständigen Gesundheitsbehörden zur Kenntnis zu bringen und die Einhaltung zu überwachen haben. Anschober appellierte zudem an Kroatien-Rückkehrer, das Gratis-Angebot sich testen zu lassen, tatsächlich anzunehmen, und an die Bevölkerung allgemein, vorsichtig zu bleiben und Hygienemaßnahmen sowie den Mindestabstand einzuhalten.

Platter will bundeseinheitliche Regelung für Apres Ski, Bars und Diskos

Tirols LH Günther Platter (ÖVP) drängt auf eine bundeseinheitliche Regelung, unter welchen Corona-Bedingungen Apres Ski-Lokale, Bars und Diskotheken öffnen dürfen. "Hier wird man sicher einige Vorgaben machen müssen. Ich gehe davon aus, dass wir im Herbst und Winter solche Lokale nicht unter denselben Rahmenbedingungen wie in den letzten Jahren öffnen können", sagte Platter im APA-Sommerinterview. Es gebe bereits Gespräche mit Gesundheitsminister Anschober.

Italien schließt Diskotheken

Angesichts der zunehmenden Zahl von infizierten Jugendlichen hat die italienische Regierung die Schließung aller Diskotheken – auch der Stranddiscos – ab Montag bis zum 7. September beschlossen. Bei Ansammlungen vor Lokalen in den Stadtzentren besteht die Pflicht, von 18.00 Uhr bis 6.00 Uhr früh Mundschutz zu tragen, verfügte die Regierung nach Gesprächen mit den Regionen.

Am Freitag hatte die süditalienische Region Kalabrien bereits die Schließung der Discos bis zum 7. September angeordnet. Zur Unterstützung der Diskotheken will die Regierung 100 Millionen Euro locker machen. Der Verband der Tanzlokal-Betreiber kritisierte den Regierungsbeschluss. Gefährdet seien Einnahmen in Höhe von vier Milliarden Euro. Der Betrag entspreche dem Jahresumsatz der Tanzlokale in Italien. Bisher hätten lediglich 10 Prozent der 3.500 Diskotheken in Italien nach dem Lockdown der vergangenen Monaten geöffnet.

Die Zahl der Coronavirus-Neuinfizierten ist in Italien in den vergangenen 24 Stunden wieder gesunken. Von Samstag auf Sonntag wurden 479 neue Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden gemeldet – nach 629 am Vortag.

Positiv Getestete reiste mit Zug von Graz nach Wien

Eine in der Steiermark wohnhafte Frau, die positiv auf das Coronavirus getestet wurde, ist in der vergangenen Woche an zwei Tagen mit Zügen der ÖBB zwischen Graz und Wien unterwegs gewesen. Das teilte das Land Steiermark am Sonntag mit. Die Landessanitätsdirektion ersuchte alle Personen, die ebenfalls in den betreffenden Zügen am 9. und 14. August waren, ihren Gesundheitszustand zu beobachten.

Die Frau war am 9. August mit dem Zug um 17.26 von Graz Hauptbahnhof nach Wien Hauptbahnhof und am vergangenen Freitag um 17.58 von Wien Hauptbahnhof nach Graz Hauptbahnhof abgefahren. Beide Male trug sie laut Mitteilung vorschriftsmäßig einen Mund-Nasen-Schutz. Am Samstag erbrachte dann ein PCR-Test auf SARS-CoV-2 ein positives Ergebnis.

191 Neuinfektionen in Österreich

In Österreich wurden am Sonntag 191 Neuinfektionen gemeldet, wie eine Aussendung des Innenministeriums mitteilte. Die meisten davon, genau 86, fielen dabei auf Wien, gefolgt von 39 Fällen in Niederösterreich und 24 Fällen in Oberösterreich. "Wieder ist der Anteil junger Menschen sowie der Anteil von Reiserückkehrenden relativ hoch", hieß es in einer Aussendung von Gesundheitsminister Anschober dazu.

WHO meldet neuen Rekord an registrierten Neuinfektionen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat innerhalb von 24 Stunden weltweit so viele neue Corona-Infektionen gemeldet wie nie zuvor. Die Zahl lag bei fast 300.000, wie die WHO am Samstagabend berichtete. Insgesamt sind damit seit Bekanntwerden des neuen Coronavirus SARS-CoV-2 Ende vergangenen Jahres weltweit mehr als 21 Millionen Infektionen gemeldet worden. 755.786 Infizierte sind nach der WHO-Statistik weltweit gestorben.

Die Dunkelziffer ist nach Einschätzung von Experten erheblich. In manchen Ländern werden viele, in anderen nur wenige Menschen auf das Virus getestet.

Den vorherigen Rekord verzeichnete die WHO am 31. Juli mit etwas über 292.000 neu gemeldeten Fällen innerhalb von 24 Stunden. Nach absoluten Zahlen sind die bevölkerungsreichen Länder USA, Brasilien und Indien mit mehr als jeweils 100. 000 neuen Fällen innerhalb von sieben Tagen am stärksten betroffen.

Kroatischer Premier fordert höhere Alarmbereitschaft im Herbst

Der kroatische Premierminister Andrej Plenkovic hat am Wochenende eine erhöhte Alarmbereitschaft im Herbst wegen der Corona-Pandemie in seinem Land gefordert. Man habe die erste Halbzeit im Kampf gegen das Coronavirus gewonnen, aber im Herbst müsse man besonders aufpassen.

Plenkovic zeigte sich "angesichts der Umstände" zufrieden mit der Tourismussaison. Wenn man die Prognosen vor einigen Monaten heranziehe, würden die Ergebnisse besser als erwartet erscheinen. Man appelliere jedoch besonders an junge Menschen, ein vernünftiges Verhalten an den Tag zu legen. Das sei offensichtlich in Nachtclubs nicht beachtet worden. Zahlreiche Neuinfizierte seien junge Menschen.

Plenkovic betonte, man sei in Zusammenhang mit Reisewarnungen in Gesprächen mit Österreich und Slowenien. Diese Länder würden das Problem anhand ihrer statistischen Daten beurteilen. Sie würden zählen, wie viele Menschen infiziert aus dem Urlaub zurückkehren. Angesichts des Schulbeginns am 1. September hätten die Staaten Angst vor einer Infektionsausbreitung in den Schulen, so Plenkovic. Er erwarte, dass das kroatische diplomatische Netzwerk, das Tourismus- und das Gesundheitsministerium die epidemiologische Situation in größerer Detailliertheit kommunizieren, heruntergebrochen auf Distrikte. Der Premier sagte, dass die Situation sowohl im Primorje-Gorski Kotar-Distrikt als auch in Istrien und Lika zufriedenstellend sei.

Test-Panne in Bayern

Nach der Corona-Test-Panne hat das Land Bayern eigenen Angaben zufolge inzwischen den Großteil der positiv Getesteten erreicht – 46 fehlen aber weiterhin. Von 949 Personen, denen die positiven Test-Ergebnisse zunächst nicht mitgeteilt werden konnten, seien nun 903 informiert, teilte das bayerische Gesundheitsministerium am Sonntag mit. "Es mussten zigtausende Dokumente gesichtet werden, um die Getesteten ermitteln zu können." Zu den übrigen positiven Tests erklärte das Ressort von Ministerin Melanie Huml: "Bei lediglich 46 positiven Befunden liegen keine passenden Personendaten vor."

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich für die Panne entschuldigt, bei der insgesamt 44.000 Getestete zunächst keine Nachricht über das Ergebnis erhalten hatten. Auch negative Test-Ergebnisse werden übermittelt. Söder hatte den von seiner Parteikollegin Huml angebotenen Rücktritt abgelehnt. Die Panne brachte dem bayerischen Regierungschef selbst scharfe Kritik von Linken, SPD und FDP in Bayern und auf Bundesebene ein. (APA, Reuters, red, 16.8.2020)