Wenn ich jetzt schreibe, dieses Auto ist der nackte Wahnsinn, so stimmt das zwar, ich nehme aber womöglich Thorben den Einstieg für seine "Zweite Meinung" weg. Überhaupt tut man sich, auch Tage nachdem der Testwagen wieder weg ist, nicht schwer, hohe Reste an Endorphin und Adrenalin im eigenen Organismus zu orten, Sie verzeihen also die Superlative, mit denen wir Sie hier bewerfen – es ist schon so und gilt auch hier: Wer einmal in einem Porsche saß, einmal einen fuhr, ist sein Leben lang infiziert. Nennt sich Porsche-Virus, wird es anders als Corona aber nie zur Pandemie schaffen. Umgekehrt wäre besser.

Erst einmal stellt man fest, dass der Taycan verdammt schnell ist – beim Laden. Das liegt daran, dass die Techniker eine sündteure 800-Volt-Technologie (mit ein Grund, warum der Elektro-Porsche soeben zum weltweit innovationsstärksten Modell gekürt wurde) entwickelt und ins Auto reingepackt haben.

Sieht aus wie ein Porsche, fährt sich wie ein Porsche und demonstriert, was an faszinierenden Fahrleistungen bei sehr passablen Reichweiten elektromobilistisch möglich ist.
Foto: Stockinger

Schon beim Wechselstrom-Laden mit elf Kilowatt ist die 93,4-kWh-Batterie des Taycan Turbo S in neun Stunden voll. Bei den maximal möglichen 270 kW ist der Akku nach 22,5 Minuten, nochmal: zweiundzwanzigkommafünf Minuten zu 80 Prozent gefüllt. Außerdem resultiert daraus eine bisher nie gekannte Rekuperationsleistung (bis zu 265 kW), und damit genug hiervon, rein ins Auto, raus auf die Straße.

Oder vielleicht vorher doch noch eine Runde außen rum? Was für ein bildschönes Auto, dabei ganz eindeutig ein Porsche; selbst der Chef, unten in der Garage eben seinem Tesla Model 3 entstiegen, bekommt glänzende Augen.

Besonders das Heck hat es uns angetan.
Foto: Stockinger

Eskalationsstufen

Beim Starten ist es so, dass man als Taycan-Novize zunächst den Getriebehebel sucht. Er findet sich in Form eines kleinen Knubbels rechts vom Lenkrad. Im Lenkrad selbst der Drehknopf mit den bekannten Eskalationsstufen bis Sport+, und um das gleich vorwegzunehmen: Die haben Sport+ mit einem satten Sound hinterlegt, der aber nicht nach Verbrennungsmotor klingt, sondern den surrenden Elektromotor-Generatorklang demonstrativ hervorhebt. Man wolle die Art des Antriebs auf keinen Fall verschleiern, so die Begründung.

Der Taycan Turbo S lässt sich entspannt fahren, dann ist das eine Reiselimousine von Format, mit reichlich Platz auch dank 2,90 Meter Radstand. Die hohen Komfortreserven verdanken sich der schon vom Panamera her bekannten adaptiven Dreikammer-Luftfederung, die die 2,3 Tonnen souverän im Griff haben.

Beim Starten ist es so, dass man als Taycan-Novize zunächst den Getriebehebel sucht. Er findet sich in Form eines kleinen Knubbels rechts vom Lenkrad. Im Lenkrad selbst der Drehknopf mit den bekannten Eskalationsstufen bis Sport+.
Foto: Stockinger

Wenn dich der Hafer sticht, und der sticht zwangsläufig bei Porsche und bis zu 560 kW, merkst du, wenn du ganz unvermittelt das Nachvorngehts-Pedal drückst, dass er einen Mikromoment Schlupf an der Front hat – was bestätigt, dass im Normalbetrieb, kaum merkbar, der Frontmotor am Werken ist.

Grafik: Der Standard

Und weil wir eben die 2,3 Tonnen erwähnten, ein Zugeständnis an die schwere Batterie und an fast fünf Meter Automobil: In porscheadäquat gefahrenen Kurven frägst du dich: Wo sind sie geblieben? Wie machen die das? Was hält die Welt im Innersten zusammen? Nein, Letzteres nicht. Man soll nicht abschweifen in so einem Auto, sich lieber konzentrieren aufs Verkehrsgeschehen und genießen. Philosophie betreibe man ein andermal.

Bleibt als Fazit nach dem Kennenlernen: Der Taycan ist ein großer Wurf. Und ein beglückender Hinweis darauf, dass Porsche sich auch in der Ära der Elektromobilität selbst treu bleibt. (Andreas Stockinger, 21.8.20)


Zweite Meinung:

Der nackte Wahnsinn! Anders kann und will man es nicht beschreiben, die erste Fahrt in einem Porsche, dann auch noch einem Gefährt mit über 600 PS. Faszinierend die Leichtigkeit, die der Taycan an den Tag legt.

Ich hätte nie gedacht, gerade über zwei Tonnen durch die Gegend zu fahren. Auch das schnelle Laden lädt zu ausgiebigen Testfahrten ein, ohne allzu lange Wartezeiten. Ein gemütliches Eis geht sich aus. Natürlich, niemand braucht so ein Auto. Und doch ist durch den Elektroantrieb das schlechte Gewissen ausradiert, wenn man den Taycan denn haben will. (poll)