PCR-Test im Auto: Kroatien-Rückkehrer gurgeln im Auto, spucken die Flüssigkeit dann in ein Röhrchen, das dann ins Labor geschickt wird. Dort wird das Ergebnis festgestellt.

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So ein Wattestäbchen in der Nase kann sehr unangenehm sein. Die gute Nachricht für alle, die derzeit als Kroatien-Rückkehrer auf den PCR-Test beim Ernst-Happel-Stadion warten: Sie brauchen sich davor nicht fürchten, da sie lediglich gurgeln müssen. "Das schmeckt wie ein kleiner Schluck Meerwasser", sagt Johannes Zuber vom Biocenter Vienna. Er ist Teil der Vienna Covid-19 Diagnostics Initiative (VCDI), die in den vergangenen drei Monaten diese unkomplizierte Form, das Coronavirus nachzuweisen, entwickelt hat. Federführend an Bord war Manuela Födinger, Laborleiterin im Kaiser-Franz-Josef-Spital.

Der Gurgeltest funktioniert so: Personen ohne Krankheitssymptome bekommen ein kleines Fläschchen mit Kochsalzlösung ins Auto gereicht, gurgeln 60 Sekunden lang und spucken die Flüssigkeit dann in ein Teströhrchen. "Dieser Test ist genauso verlässlich wie die Methode mit den Wattestäbchen", sagt Michael Wagner, Leiter des Zentrums für Mikrobiologie an der Universität Wien und auch VCDI-Mitglied.

Gemeinsame Lösung

"Die Gurgellösung zum Nachweis einer aktiven Sars-CoV-2-Infektion ist aus der Not heraus entstanden", erzählt Födinger. Als mitten in der Hochphase der Pandemie die Abstrich-Bestecke für die PCR-Tests ausgingen, suchte man im Gesundheitsverbund Wien Alternativen.

Da Sars-CoV-2 über die Atemwege in den Rachenraum eindringt, war Gurgeln eine realistische Möglichkeit. "Dass sich das Virus in physiologischer Kochsalzlösung stabilisieren lässt, wussten wir noch von der Sars-Epidemie 2003", erinnert sich Manuela Födinger, die auch Tropenmedizinerin ist. Zudem hatte sie den Zugang zu den Wiener Covid-19-Patienten, die im Kaiser-Franz-Josef-Spital behandelt wurden. Sie und ihr Team konnten zeigen, dass Gurgeltests funktionieren.

Kinderleichte Handhabung

Unbürokratisch und schnell erbrachte Födingers Labor den Nachweis, dass ein PCR-Gurgeltest gleich sensitiv und verlässlich ist wie der mit dem Wattestäbchen. In einer Studie an Wiener Schulen bewährte er sich noch einmal. 80 Prozent der Ab-Sechsjährigen gelang es beim ersten Versuch, eine Probe abzugeben.

Die großen Vorteile dieser Methode: Die Behörden brauchen zur Entnahme kein geschultes Personal, jeder kann den Test selbst durchführen. Durch diese unkomplizierte Art der Probenentnahme entfallen für die Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden auch die strengen Schutzmaßnahmen, die beim Abnehmen direkt aus Mund und Rachen notwendig sind. Die Auswertung dieser Gurgellösungen erfolgt gleich wie bei allen anderen PCR-Tests, "wir haben keine falsch-positiven Ergebnisse", kann Wagner bestätigen.

Probelauf für Herbst

Der Gurgeltest mit den Kroatien-Rückkehrern ist für die Stadt Wien derzeit auch ein Probelauf für den Herbst, dann soll dieser Test verstärkt bei Verdachtsfällen zum Einsatz kommen, war aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker zu erfahren. Die Corona-Rückkehrer sind also eine Art Testlauf für die Zukunft der Tests. Lassen sich durch Gurgeln auch asymptomatisch Infizierte herausfinden? "Ja, denn das Virus vermehrt sich gleich unmittelbar nach einer Infektion besonders stark vor allem an der hinteren Rachenwand, und da kommen wir mit Gurgeln gut hin," bestätigt Zuber. Erst später im Verlauf breitet sich das Virus dann in andere Körperregionen aus.

Zuber denkt auch, dass die Gurgeltests ein Weg der PCR-Testung im weiteren Verlauf der Pandemie sein werden, weil sie jeder selbst zu Hause durchführen kann, also weder zum Arzt gehen noch einen mobilen Testtrupp rufen muss. "Gleich nach dem Aufstehen und noch vor dem Zähneputzen wäre der beste Zeitpunkt für einen Virus-Nachweis", sagt Zuber.

Wie es weitergeht

Durchaus noch Luft nach oben sieht der Molekularbiologe Michael Wagner von der Universität Wien in Bezug auf die österreichische Teststrategie in der Coronakrise. Noch immer werde die angestrebte Kapazität von rund 15.000 Testungen pro Tag bundesweit kaum erreicht. Eine von Forschern aufgebaute Testpipeline sei in ihrer Kapazität "nie im vollem Umfang abgefragt worden", sagte Wagner.

Nachdem Österreich auf die Covid-19-Pandemie rasch und erfolgreich mit vergleichsweise starken Einschränkungen des öffentlichen Lebens reagiert hat, habe es jetzt den Anschein, dass nun vielerorts ein "laxer Umgang" mit der Situation gepflegt werde, so der Wissenschafter im Rahmen einer Online-Vortragsreihe mit dem Titel "Wien erforscht Corona" des Wiener Wissenschafts-, Forschungs-und Technologiefonds (WWTF). Mit Blick auf den Herbst, mit mitunter zahlreich im Rahmen der Urlaubsbewegungen eingeschleppten Infektionen, halte er dies für "durchaus risikoreich".

Bei der "Vienna Covid-19 Diagnostics Initiative" (VCTI) – einem Zusammenschluss von 21 Wiener Forschungsinstituten, die zunächst aus Eigeninitiative heraus eine eigene PCR-Teststraße zum Nachweis des Erbguts des SARS-CoV-2-Virus aufgebaut haben – habe man bereits früh in der Epidemie um die 6.000 Tests durchführen können. Ausgeschöpft wurde dieses Potenzial jedoch nie.

Mit Blick auf die Kinder

Mit der von Wagner und Kollegen entwickelten "Gurgelmethode" sehe man sich an, dass nun viele kommerzielle Anbieter auf die Methode setzen, Dadurch erzielt man eine gewisse Breitenwirkung. Nun sei man in Gesprächen mit Behörden, um im Herbst ähnlich geartete Studien etwa im Schulbereich durchzuführen.

"Schulen sind kein sicherer Hafen", so Wagner mit Blick auf den Herbst. So hätten infizierte Kinder und Jugendliche vermutlich im Schnitt eine ähnlich hohe Viruslast wie Erwachsene. Wenn in der kälteren Jahreszeit Ko-Infektionen wahrscheinlicher werden und insgesamt mehr gehustet und geniest wird, könnten auch die meist asymptomatisch erkrankten Kinder verstärkt zu "Treibern der Verbreitung werden".

Um hier gegebenenfalls rasch reagieren zu können, brauche es auch weitere schnell und sauber durchgeführte Screening-Programme, in deren Rahmen viele Bevölkerungsgruppen möglichst oft und in engen zeitlichen Abständen getestet werden sollten. (Karin Pollack, APA, 18.8.2020)