Das Virus kommt mit dem Auto nach Österreich, sagt Kanzler Sebastian Kurz. Aber wer ist nun dafür zuständig, dieses an der Grenze aufzuhalten?

Foto: APA / Herbert P. Oczeret

Wer mit dem Auto über eine Grenze auf österreichisches Staatsgebiet fährt, wird seit Montag null Uhr angehalten. Die Polizei stoppt das Fahrzeug. Die Corona-Einschleppungs-Prävention wird dann von jemandem von der Gesundheitsbehörde durchgeführt: Fieber messen, falls vorhanden, den Corona-Test durchführen. Die Gesundheitsbehörden sind den Ländern unterstellt. Sie werden dabei aber von Soldaten unterstützt, die der Bund schickt.

Der Gesundheitsminister kann Erlässe herausgeben und darin die Landeshauptleute auffordern, dass die wiederum die Bezirksverwaltungsbehörden anweisen, das Gesundheitspersonal an den Grenzen aufzustocken. Nun mangelt es an den heimischen Grenzen an Gesundheitspersonal. Verantwortlich will dafür niemand so recht sein.

Am Freitag gab der grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober einen Erlass heraus – und appellierte eben an die Landesbehörden, mehr Gesundheitsbedienstete zur Verfügung zu stellen.

Doch nur weil Anschober das anordnet, heißt das noch nicht, dass es auch passiert. Denn wenn die Bezirksverwaltungsbehörden ohnehin schon ihre Kapazitäten ausgeschöpft haben, kann auch kein Erlass zusätzliches Personal mit dem Federstrich herbeizaubern. "Die Behörde kann der Weisung nur so weit entsprechen, wie sie verfügbare Ressourcen hat", erläutert Rechtsprofessor Peter Bußjäger von der Universität Innsbruck.

Leicht gefordert

Das hielt den türkisen Innenminister Karl Nehammer am Samstag allerdings nicht davon ab, mehr Gesundheitspersonal an den Grenzen zu fordern – nachdem ebendies von seinem Ministerkollegen bereits offiziell angefordert wurde. Für die Gesundheitskontrollen ist Nehammer freilich gar nicht zuständig. Theoretisch könnte er jedoch Personal aus seinem Ressort zur Verfügung stellen. Wobei Verwaltungsexperte Bußjäger zu bedenken gibt, dass dafür die Ressourcen im Innenministerium ohnedies zu knapp sein dürften. Nehammers Forderung blieb in der öffentlichen Wahrnehmung folglich an Anschober hängen.

Am Sonntag schaltete sich dann auch noch der Kanzler persönlich ein: "Das Virus kommt mit dem Auto nach Österreich", war der vielzitierte Satz von Sebastian Kurz. Auch er forderte, was viele wollen und doch schwer einzulösen ist: verstärkte Gesundheitschecks an den Grenzen.

In den Ministerien wird ein regierungsinterner Zwist zwischen den von den Grünen und der ÖVP geführten Ressorts zurückgewiesen. Die Länder seien ja zumeist verantwortlich – und da sei die Zusammenarbeit nicht mit allen ganz einfach. In den Ländern lässt man sich allerdings ungern für mangelhafte Gesundheitskontrollen kritisieren, zumal die Bundesregierung durch ihre flugs verhängte Reisewarnung den massiven Verkehr aus Kroatien am Wochenende produziert habe. "Die Gesundheitsbehörden tun, was sie können", sagt die rote Kärntner Gesundheitslandesrätin Beate Prettner zum STANDARD.

Länder wehren sich

An den Sticheleien der türkis-grünen Regierung lässt Prettner kein gutes Haar: "Jetzt ist sicher nicht die Zeit, dass sich Ministerien gegenseitig Botschaften ausrichten – und das auf dem Rücken der Länder und damit auf dem Rücken der Bevölkerung." Auf Landesebene habe man in Kärnten mithilfe des AMS schon zusätzliches Personal für Gesundheitskontrollen rekrutiert, doch nun stoße man unweigerlich an den "personellen Plafonds". Und Prettner spielt den Ball zurück an die Regierung: Diese solle nun einmal dafür sorgen, dass sich die Ministerien auf ein einheitliches Grenzmanagement abstimmen. Was es vor Ort außerdem brauche, seien zusätzliche Soldaten, die den Gesundheitsbehörden bei der Bewältigung der angewachsenen Corona-Aufgaben zur Hand gehen.

Dass die Rufe der Regierung nach umfassenderen Gesundheitskontrollen ohne Assistenz ihrer Truppen kurzfristig realistischerweise nicht einzulösen sind, weiß offenbar auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Sie versprach daher den Gesundheitsbehörden, mehr Soldaten an die Grenze zu schicken. (Theo Anders, Katharina Mittelstaedt, 17.8.2020)