28 Stolpersteine erinnern seit Montag vor dem Festspielhaus in Salzburg an von den NS-Schergen vertriebene und ermordete Künstlerinnen und Künstler.

foto: festspiele/neumayr

Arbeiter des Magistrats verlegen Stolpersteine vor dem Kleinen Festspielhaus in Salzburg.

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28 Stolpersteine haben seit Montag ihren Platz vor dem Haus für Mozart (Kleines Festspielhaus) am Salzburger Max-Reinhardt-Platz. Sie werden fortan an Festspielkünstlerinnen und -künstler erinnern, die das Festival in den fast 20 Jahren von der Gründung der Festspiele bis 1938 maßgeblich geprägt haben und von den Nationalsozialisten vertrieben oder ermordet wurden.

Der Historiker Gert Kerschbaumer – gemeinsam mit dem Geschäftsführer des Dachverbandes der Salzburger Kulturstätten, Thomas Randisek, und der Klubobfrau der grünen Bürgerliste im Salzburger Gemeinderat, Ingeborg Haller, treibende Kraft des Personenkomitees Stolpersteine – hat die Biografien der Künstlerinnen und Künstler recherchiert, deren Namen nun in den würfelförmigen Messingplatten auf dem Boden zu lesen sind. Die berühmtesten Namen sind dabei Festspielbegründer Max Reinhardt, aber auch Dirigenten wie Arturo Toscanini, Bruno Walter oder Erich Kleiber.

77.000 Mahnmale

Auf den Steinen stehen neben den Namen der Künstler auch deren Geburtsjahr, ihr Beruf, das Jahr ihrer Flucht und das Ziel derselben. Dazwischen liegen auch immer wieder Steine ohne Messingplatte. "Sie sollen an die vielen erinnern, die nicht in dieser Auswahl enthalten sind", sagt Kerschbaumer. Die Steine lägen nun "im Mittelpunkt der Gesellschaft", sagt der Historiker. Für Festspielkünstler gab es bis dato noch keine Stolpersteine.

Das Stolperstein-Projekt gibt es seit den 1990er-Jahren, es entstammt einer Idee des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Weltweit wurden inzwischen 77.000 der dezentralen und personalisierten Mahnmale verlegt. In der Landeshauptstadt Salzburg sind es inzwischen 469 Stolpersteine.

Rose-Quartett

Besonders auffällig ist ein doppelter Stolperstein, der den Titel Rose-Quartett trägt. Dahinter verbirgt sich laut Kerschbaumer ein Philharmoniker-Quartett. Alma Rose, die ebenfalls einen Gedenkstein bekommen hat, dürfte vor allem Besuchern der "Reden über das Jahrhundert" ein Begriff sein, denn sie leitete die sogenannte Mädchenkapelle von Auschwitz, der auch Festspielrednerin Anita Lasker-Wallfisch angehörte, die in ihrer zuvor auf Video aufgezeichneten Rede am Samstag in der Felsenreitschule mehrmals betonte, dass allein die Musik ihr Leben im Konzentrationslager gerettet habe.

Grüne gegen "statische" Stolpersteine

Während Vertreter der Grünen in Salzburg beim Projekt Stolpersteine von Anfang an führend beteiligt waren, stemmen sich ihre Kollegen in Innsbruck vehement gegen diese Form der Gedenkkultur. Man habe ohnehin schon genügend "statische Gedenkformen", sagte Vizebürgermeisterin Ursula Schwarzl in einem ORF-Interview.

Dass sich Funktionärinnen und Funktionäre der Grünen fallweise mit Initiativen der Erinnerungskultur schwertun, ist kein Innsbrucker Einzelfall. Im Pongauer Goldegg wollte 2014 die Tochter eines in Mauthausen ermordeten Deserteurs für ihren Vater und weitere von der SS ermordete Kriegsdienstverweigerer einen Gedenkstein verlegen lassen. Das Projekt scheiterte auch am damaligen Klubobmann der Grünen im Salzburger Landtag, Cyriak Schwaighofer. Die Gedenktafel musste weichen und wurde "privat" am Gelände eines Reha-Zentrums der Gebietskrankenkasse verlegt. (Thomas Neuhold, 18.8.2020)