Mitochondrien stehen im Visier von manchen Bakterien.

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Wien – Infektiöse Bakterien schleusen mit Giftstoffen gefüllte Bläschen ihrer Außenhaut in Abwehrzellen des Körpers, die deren Mitochondrien schädigen. Die befallenen Zellen reagieren mit Selbstmord, um den Körper zu schützen und ihre nicht infizierten Kollegen zu warnen. Diesen Ablauf hat ein Team um den Biologen Thomas Naderer nachvollzogen und im Fachjournal "Nature Microbiology" veröffentlicht.

Bisher glaubte man, dass die Giftstoffe der Bakterien das Selbstmord(Apoptose)-Programm auslösen. In Wirklichkeit leiten die befallenen Immunzellen selbst den letzten Schritt ein, so die Wissenschafter von der Monash University in Clayton (Australien), wo Naderer eine Forschungsgruppe leitet.

Alarmsignal für immunologische Mitstreiter

Während der Apoptose werden Entzündungsfaktoren aus den befallenen Immunzellen frei. So machen solche Botenstoffe andere Immunzellen auf die Infektion aufmerksam, die vielleicht gar nicht bemerkt hätten, dass Eindringlinge den Körper gefährden. "Die Aktivierung von Entzündungsfaktoren ist wichtig für die Abwehr von Bakterien, wir nehmen also an, dass diese Form von Apoptose gegen die Bakterien gerichtet ist", erklärte Naderer.

Die Forscher fanden heraus, dass man die Apoptose und die Entzündungsreaktion beschleunigen kann, wenn man einen Apoptose-Hemmer (Bcl-xL) in den Zellen ausschaltet. "Es gibt bereits einen Bcl-xL-Blocker, mit dem werden wir demnächst testen, ob er die Abwehr gegen Bakterien verstärkt, die Mitochondrien schädigen", so der Forscher.

Apoptose-Hemmer als Chance

Andererseits kann eine Entzündung aber zu lange andauern und chronisch werden, was bei vielen Infektionen passiert, sagte er: "Dann kann es zu Organschäden kommen und schlimmstenfalls zu einer Sepsis." Das ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der entsteht, wenn eine zu heftige Abwehrreaktion den eigenen Körper massiv schädigt. Für solche Fälle will Naderer mit seinen Kollegen ausprobieren, ob man die Entzündungsreaktion mit einem Apoptose-Hemmstoff (Bak-Blocker) reduzieren kann. Das ist bis jetzt in vielen Infektionen noch nicht gelungen, weil man sich zu sehr auf Giftstoffe der Bakterien-Außenhülle (Lipopolysaccharide, LPS) konzentriert hat, meint er. (red, APA, 21.8.2020)