Forscher beschleunigten die Evolution von Bakterien.

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Wien – Äußere Umstände können Bakterien bisweilen zum häufigen Wechsel zwischen Zellen zwingen, die sie zum Überleben brauchen. Ein solches unstetes Leben hat auf lange Sicht Einfluss auf die weitere Entwicklung der Bakterienart: Experimente unter der Leitung eines Teams von Mikrobiologen der Universität Wien, die die Evolution gleichsam im Zeitraffer ablaufen ließen, konnten zeigen, dass die Nachkommen dieser Bakterien 500 Generationen später ein deutliches Stück weit infektiöser und robuster sind.

Unfreiwillige Gastgeber

Für ihre Studie nahmen die Wissenschafter um Matthias Horn und Paul Herrera vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften der Uni Wien eine Erregergruppe namens Parachlamydien unter die Lupe. Diese für Menschen ungefährlichen Bakterien kommen im Wasser und der Erde vor und sind auf Einzeller als Wirte angewiesen. Dort nisten sie sich ein und leben von den Nährstoffen ihres unfreiwilligen Gastgebers.

Diese Art Lebensgemeinschaft verfolgte das Team über 14 Monate hinweg unter zwei unterschiedlichen Bedingungen mit: Einmal waren die Umstände so gestaltet, dass die Bakterien sich dauerhaft in ihrer Wirtszelle aufhalten und vermehren konnten, in der anderen Umgebung konnten sie nur überleben, wenn sie ihren Wirt häufig wechselten. Dann sahen sich die Wissenschafter an, ob und wie sich das Erbgut und der Stoffwechsel der unter derart verschiedenen Bedingungen gehaltenen Bakterien über insgesamt 500 Generationen hinweg verändert hatte.

Infektiöser und besser angepasst

Dabei stellte sich heraus, dass es beträchtliche Unterschiede gab: Es wurden Veränderungen an 1.161 Stellen ihres Erbguts gezählt. Nach einer Analyse jener Stoffe, die auf Basis der Gene angefertigt werden (Genexpression), wenn eine Infektion abläuft, wurde klar, worin die Unterschiede bestanden. Die Gruppe, die auf den häufigen Wirtszellwechsel angewiesen war, präsentierte sich nicht nur als infektiöser, sondern auch als besser daran angepasst, zeitweise außerhalb eines Gastgeber zu überleben.

Die Veränderungen betrafen also vor allem Gene, die das Zusammenwirken von Bakterie und Wirtszelle managen, und solche die den Stoffwechsel der Parachlamydien regeln. "Der Übertragungsweg spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Infektiosität wirtsabhängiger Bakterien", so Horn. (APA, red, 23.8.20250)