In den österreichischen Schulen soll es im Herbst trotz der uns umgebenden Corona-Pandemie möglichst viel Normalität geben.

Foto: Heribert Corn

Österreich ist ein Land der Schulversuche. Laut einem Rechnungshofbericht von 2015 gab es im Schuljahr 2012/13 insgesamt 5367 Schulversuche. Jede zweite Schule war an irgendeinem davon beteiligt. Im Herbst startet der wohl schwierigste Schulversuch. Einer, von dem niemand hofft, dass er jemals zur Regel wird, also ins Regelschulwesen übergeführt wird, wie das bei "normalen" Schulversuchen meist das Ziel ist: der Corona-Schulversuch. Die Eckpunkte dazu liegen seit Montag vor.

Lehrer wünschen sich medizinische Assistenz

Im Großen und Ganzen sind die Reaktionen recht positiv, aber die Tücke liegt ja meist im Detail. Daran erinnert Pflichtschullehrergewerkschaftschef Paul Kimberger, der froh ist über den "ersten Rahmen", den Bildungsminister Heinz Faßmann vorgelegt hat, "aber jetzt gibt es viele Details zu klären", sagt er im STANDARD-Gespräch. Zum Beispiel den Umgang mit Corona-Verdachtsfällen in der Schule: "Wir brauchen Unterstützung durch medizinisches Fachpersonal, denn Lehrerinnen und Lehrer sind sicher nicht ausgebildet, um Grippe von Covid-19 unterscheiden zu können."

Grüne stellen Ressourcenfrage

Das ist übrigens ein Punkt, den auch die grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann, die in die Entwicklung des ministeriellen Corona-Konzepts eingebunden war, anspricht: "Die Ressourcenfrage wird sich auch im Schulbereich stellen. Da werden wir im Zuge der Pandemie schon auch zusätzliche Mittel brauchen", sagt sie zum STANDARD: "Die Frage wird sich spätestens dann stellen, wenn viele Lehrkräfte wegen einer Infektion ausfallen." Mit den mobilen interkulturellen Teams für Schulsozialarbeit und psychologische Hilfe gebe es aber Fachpersonal, das man ausbauen könnte.

Kimberger auch für Schichtbetrieb

Lehrergewerkschafter Kimberger will sich anders als der Bildungsminister, der den Schichtbetrieb in den Klassen, wie er im Lockdown stattfand, als pädagogisch wenig sinnvoll und auch unbeliebt bezeichnet hat, prinzipiell für drei Szenarien wappnen: Regelbetrieb, Schichtbetrieb, Homeschooling. Er habe von Eltern und Lehrkräften durchaus positive Rückmeldungen über den schichtweisen Unterricht erhalten, "weil viele den Vorteil von Kleingruppen zu schätzen lernten".

Wunsch nach Schulautonomie bei Corona-Management

Zum Thema Masken betont Kimberger, dass er "nie eine generelle Maskenpflicht gefordert" habe, sondern dann, "wenn sie aus virologischen Gründen wirklich notwendig ist" – zusätzlich zu Handhygiene, Abstand und Lüften. Er wünscht sich generell "schulautonomen Spielraum" bei der Schaffung möglichst Corona-fitter Schulen. Eine generelle Maskenregelung für alle Schulen wäre dabei jedoch gar nicht sinnvoll: "Das wird vom Schulgebäude abhängen, aber auch von der Schülerpopulation." Jüngere Kinder und Masken sei etwa ein schwieriges Thema, sagt Kimberger.

Er verweist auch noch auf den "besonders sensiblen Bereich" der sonderpädagogischen Schuleinrichtungen, wo teilweise schwer behinderte Kinder unterrichtet werden: "Darauf wird man alle Maßnahmen speziell abstimmen müssen, um alle Beteiligten vor einer Corona-Infektion zu schützen." Letztlich gelte ohnehin: "Über den Regelbetrieb wird das Coronavirus entscheiden."

Die Maske wird nicht das Problem sein

Für einen schulautonomen, pragmatischen und den Umständen angemessenen Umgang mit Masken über die lockere Vorgabe seitens des Ministeriums (erst ab gelber Ampel sind Masken außerhalb der Klasse zwingend vorgeschrieben) hinausgehend, plädiert auch die Sprecherin der AHS-Direktorinnen und -Direktoren, Isabella Zins: "Dann wird man halt vor einer Gruppenarbeit, bei der die Schüler die Köpfe zusammenstecken müssen, sagen: Jetzt nehmen wir die Maske heraus – und es wird kein wirkliches Problem sein, aber mehr Sicherheit bringen." (Lisa Nimmervoll, 18.8.2020)