Die Zahl der Arbeitslosen ist seit Anfang August nur noch um knapp 3000 zurückgegangen.

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Wien – Arbeitslos ist nicht gleich arbeitslos. In Österreich sind in einem guten Jahr an die 900.000 Menschen zumindest einen Tag lang beim AMS gemeldet. Die überwiegende Mehrheit von ihnen findet allerdings rasch wieder einen Job. Die Arbeitslosigkeit bleibt eine unangenehme, aber vorübergehende Episode.

Doch die aktuelle, Corona-bedingte Wirtschaftskrise hat nicht nur dafür gesorgt, dass zehntausende Menschen in Österreich ihre Jobs verloren haben. Aktuell sind 421.700 Personen arbeitslos. Das ist die große, sichtbare Krise am heimischen Jobmarkt.

Zugleich sind Unternehmen zurückhaltender, wenn es darum geht, neues Personal einzustellen. Dadurch sinkt die Zahl jener Menschen, die schon vor der Corona-Pandemie arbeitslos waren und nun wieder einen Job finden. Die Folge ist, dass die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen zulegt. Das ist die zweite Krise am Jobmarkt.

In die Kategorie der Langzeitbeschäftigungslosen fallen Menschen, die seit über einem Jahr keinen Job finden, ob sie in dieser Zeit an AMS-Schulungen teilnahmen oder nicht, ist für die Einstufung gleichgültig. 120.000 Menschen sind laut jüngsten Zahlen des AMS seit über zwölf Monaten beschäftigungslos. Das sind um 23.000 oder 24 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.

Das Tückische ist, dass selbst dann, wenn sich die Arbeitsmarktzahlen stabilisieren, die Langzeitarbeitslosigkeit zeitversetzt oft weiter ansteigt, wie der Ökonom Helmut Mahringer vom Forschungsinstitut Wifo sagt.

So war es nach der Finanzkrise: 2009 bracht die österreichische Wirtschaft ein. Dann kam eine Erholung. 2014 gab es bedingt durch die Eurokrise ein zweites Tal mit Nullwachstum. Danach ging es moderat bergauf. Doch von diesem Aufschwung profitierten Menschen, die länger keine Arbeit fanden, zunächst kaum. Der Höchststand an Langzeitbeschäftigungslosen wurde erst 2016 erreicht.

Dass Menschen, die länger keine Arbeit haben, sich immer schwerer damit tun, eine zu finden, hat mehrere Gründe. Es hat viel mit der Stigmatisierung Langzeitarbeitsloser zu tun: Sie kommen für viele Unternehmer nicht infrage, weil sie als unzuverlässig abgetan werden. Natürlich kämpfen diese Menschen oft mit Problemen, etwa gesundheitlichen, was sie manche Jobs nicht annehmen lässt. Die Arbeitslosigkeit verfestigt sich, wie Experten sagen.

Eben diese "Verfestigung" dürfte weiter voranschreiten in Österreich, so Mahringer, außer das Wirtschaftswachstum zieht überraschend dramatisch an.

Öffentliche Jobs gefordert

Da es nicht so aussieht, werden Forderungen einzugreifen in Richtung Politik lauter. Die Arbeiterkammer will etwa eine neu Variante der Aktion 20.000, der ausgelaufenen Förderung von älteren Langzeitarbeitslosen. So sollen rund 45.000 Jobs in der öffentlichen Verwaltung geschaffen werden, etwa bei Gemeinden. Profitieren davon sollten vor allem Langzeitarbeitslose über 45.

Das Ganze würde lediglich etwas mehr als 300 Millionen Euro kosten bei einem jährlichen Bruttomonatseinkommen von 1700 Euro, sagte Arbeitsmarktexperte Simon Theurl von der AK bei einer Online-Diskussion am Dienstag. Die Rechnung würde aufgehen, weil jeder geförderte Job hilft, Ausgaben beim Arbeitslosengeld zu sparen, so Theurl. Der Ökonom Oliver Picek vom gewerkschaftsnahen Momentum-Institut unterstrich diese Forderung bei der Debatte: Wer länger als ein Jahr keinen Job findet, auf den soll ein öffentlicher Job warten, so Picek.

Was die Aktion 20.000 brachte

Kritiker der staatlich geschaffenen Jobs monieren, dass dies kein Weg für eine langfristige Integration in den Arbeitsmarkt sei. Wenn die Subvention ausläuft, verlieren die Menschen erst recht wieder ihre Jobs, so das Argument.

Im Zuge der Aktion 20.000 fanden rund 3800 Menschen eine Beschäftigung. Eine 2019 veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass etwa ein Drittel dieser Menschen auch drei Monate nach dem Ende der Förderung noch beschäftigt war, meist beim selben Arbeitgeber, bei der Gemeinde. Für Arbeitsmarktexperten war das ein respektables Ergebnis angesichts der Tatsache, dass ältere Langzeitarbeitslose als besonders schwer vermittelbar gelten. (András Szigetvari, 19.8.2020)